Sorte unseres Scherenschnell übriggeblieben. Der Kampf „mit geistigen Waffen“ beschränkte sich lediglich noch auf die Presse.
Auf diesem Gebiete waren uns unsere Gegner insofern überlegen, als sie in allen Städten und Städtchen Zeitungen besaßen, während wir bei unseren geringen Mitteln uns damit begnügen mußten, für große Landstriche ein einziges Blatt zu haben. Es war uns deshalb nicht möglich, auf diesem Gebiete den Kampf erfolgreich zu führen, weshalb wir unseren Gegnern manches schenken mußten.
Wenn sie es in der Presse jedoch gar zu toll trieben, rechneten wir in öffentlicher Volksversammlung mit ihnen ab, was gewöhnlich zur Folge hatte, daß sie, wenn auch nur für kurze Zeit, etwas anständiger wurden. Die Katze läßt eben das Mausen so wenig, wie ein Scherenschnell und seinesgleichen das Verleumden, Verdrehen und Begeifern des politischen Gegners, besonders der Sozialdemokratie.
Dieser Kampf mit geistigen Waffen brachte uns nur Vorteil, wie unsere Erfolge bei den späteren Wahlen deutlich zeigten.
Die nächste Reichstagswahl fand 1893 statt. Der 1890 auf 5 Jahre gewählte Reichstag wurde schon nach 3 Jahren von der Regierung aufgelöst, weil er eine abermalige Erhöhung der Militär- und Marineforderungen ablehnte. Moloch Militarismus war nicht satt zu bekommen und sein Riesenhunger, der seit Bestehen des Reiches schon Milliarden verschlungen und immer noch nicht gestillt war, immer noch mehr verlangte, war selbst dieser Reichstagsmehrheit unheimlich geworden
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/116&oldid=- (Version vom 1.8.2018)