Christlich-Sozialen unter den Berliner Arbeitern agitierte, also ein Christlich-sozialer und nicht Sozialdemokrat sei. Trefflich wurden die Lügen und Verleumdungen der Preßmenschen als solche gekennzeichnet und der stürmische Beifall der Versammelten bewies, daß das eigentliche Volk schon damals eine bessere Meinung von unserer Bewegung hatte. Trotz wiederholter Aufforderung meldete sich keiner der zahlreich anwesenden Gegner zum Wort. Nach einem kräftigen Appell des Vorsitzenden, in dem er das gemein-feige Verhalten des Scherenschnells besonders geißelte, wurde die prächtig verlaufene Versammlung geschlossen.
Diese Versammlung fand an dem denkwürdigen 2. Juni statt, zu derselben Zeit, zu der Nobiling seine Schrotflinte auf den alten Kaiser abfeuerte und denselben leider nicht unbedenklich verwundete. Die Kunde von diesem zweiten Attentat war auf telegraphischem Weg auch nach hier gelangt und kaum hatte unser Vorsitzender die Versammlung geschlossen, als ihm der anwesende Polizeiwachtmeister hievon Mitteilung machte.
Die Nachricht wirkte wie ein Donnerschlag. Uns war sofort klar, daß nun die Hetze aufs neue beginnen werde, daß Bismarck und die Reaktion gewonnenes Spiel hatten.
Wie vorausgesehen, kam es auch. Diesem Attentat folgte sofort die Reichstagsauflösung. Die Angststimmung und Erbitterung des deutschen Volkes mußte benützt werden, um einen der Regierung günstigen und willigen Reichstag zu schaffen.
Der Dalles war damals schon in der Reichskasse, trotz dem französischen Milliardensegen und einsichtige Politiker wußten, daß die Regierung,
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)