Der erste Streitpunkt wurde indeß vorläufig im Sinne der Parteileitung geregelt. Die erste Maifeier wurde ohne allgemeine Arbeitsruhe, vorwiegend durch Abendfeiern begangen. Die übrigen Differenzpunkte fanden später in einer Riesenversammlung in Berlin, in der Genosse Bebel sprach, dadurch ihre Erledigung, daß sich die Versammelten, mit verschwindenden Ausnahmen, auf die Seite der Parteileitung stellten und das Gebaren der Opposition entschieden verurteilten.
Leider war hiemit der Parteistreit keineswegs beendet. Die ganz verbissenen Elemente wühlten, meistens aus persönlichen Gründen, lustig weiter und mußten auf dem im Oktober gleichen Jahres in Halle abgehaltenen Parteitage aus der Partei ausgeschlossen werden.
Wie von allem, was in der Partei vorging, mußten wir auch hier am Ort von diesen Streitigkeiten unser Teil abhaben. Auch wir hatten eine erkleckliche Portion von diesen sogenannten Jungen am Platze, manche Parteiversammlung hatte sich mit denselben zu beschäftigen, nicht zum Vorteil der Parteibewegung.
Jedoch, alles nimmt ein Ende, so auch dieser Parteistreit, der immerhin das Gute zeitigte, den zu gemäßigten Elementen in der Partei nicht die Führerrolle zu übertragen, die Partei vor Verflachung zu schützen.
Im Sommer 1890 wurde durch den Tod des Landtagsabgeordneten für das OA. Besigheim in diesem Wahlbezirk eine Nachwahl zum Landtag notwendig, an der wir uns gleichfalls beteiligten. Wir stellten wieder unseren Gemeinderat als Kandidaten auf, der es denn auch in diesem fast
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/104&oldid=- (Version vom 1.8.2018)