M. Sollte da die Künstlerin so etwas malen?
F. Oder sollten nicht lieber unsre Großen – der Fürst Putiatino ist übrigens ein sehr achtenswerther Mann, – bessern Geschmack haben?
M. Dort ist noch ein Zimmer.
F. Es sieht darin ziemlich so wie in dem aus, was wir gestern schon übergangen haben, wenigstens verliert sich das Mittelmäßige, was etwa darin ist, völlig unter dem mannigfachen Schlechten. Weislich hat man alle dergleichen Dinge in die Hinterzimmer verwiesen; wer nicht dorthin muß, um die Lectionen eines Sohnes oder einer Tochter aus einem befreundeten Hause zu beschauen, um den guten Eltern darüber ein freundlich Wörtchen sagen zu können, oder wem es bei gewissen Graden der bildenden Künste, wie beim Hören unreiner Töne der Musik geht, verliert sich nicht dahin. Besehen Sie sich lieber dafür die Abdrücke von 31 geschnittenen Steinen von Höckner; es ist manches artige darunter.
M. Wenigstens viel Fleiß in der Ausführung, und Geschmack in der Wahl.
F. Rechnen Sie dazu, daß Höckner eigentlich nur dies als Nebensache betreibt.
M. Wir sind nun mit diesem Zimmer zu Ende, aber vergebens suche ich etwas von Freund Hartmann darin.
F. Er sollte freilich nicht so karg gegen das größere Publikum seyn. Freunden hat er mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit seinen Eros und Anteros, seine Psyche, und manches andre brave Gemälde gezeigt.
M. Ich wette darauf, Stolz ist es nicht, was ihn zurückhält.
F. Dann müßte er aufhören, der echt humane Künstler zu seyn, der er ist. – Leider fehlt Manches aber in diesem Zimmer, was ihm zur höheren Zierde gereichen würde, und sonst sich hier fand. Gareis, der Biedere, ist in ein besseres Land hinübergeschlummert, Rösler hat in Paris sein Vaterland vergessen, und Matthäi hat uns außer den Zeichnungen zu den Kupferstichen, die wir vorhin sahen, auch nichts geschenkt.
M. Und noch manchen braven, fremden Künstler kenne ich in Dresden, der sich auch öffentlich hätte zeigen sollen.
F. Möchte ein ächter Kunstkenner, wie Göthe, einen Reiz dazu auffinden. –
M. Nun, Freund, in dies Zimmer, es ist das letzte, also wie Sie mir versprachen, das Heiligthum der Kunst.
F. Da höre ich aber auf, Ihr Führer zu seyn, und suche mir erst selbst jemand, der mein Urtheil berichtigt.
M. Nein, nein, dann würden Sie vielleicht weniger unbefangen seyn, lassen Sie uns freimüthig unser Urtheil bekennen, sey es, welches es sey.
Unbekannt: Gespräche in den Sälen der Gemälde-Ausstellung zu Dresden (1804). Heinrich Frölich, Berlin 1804, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gespr%C3%A4che_in_den_S%C3%A4len_der_Gem%C3%A4lde-Ausstellung_zu_Dresden_(1804).djvu/7&oldid=- (Version vom 11.9.2024)