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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 8 (1913).djvu/6

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8

schmackhaften Essens, dem Manne das Familienleben angenehm zu machen. Daß die traurigen wirtschaftlichen Verhältnisse hieran die Hauptschuld haben, ist allerdings nicht zu leugnen. Sehr viel wird ja zweifellos der glücklicherweise immer geringer werdende Branntweingenuß zur Besserung des Familienlebens beitragen. Dringend notwendig ist es aber auch, die jungen Mädchen für ihren dereinstigen Beruf als Gattinnen und Mütter schon in der Schule und auch durch möglichst zahlreiche Gründungen von Haushaltungsschulen besser vorzubereiten. Dies gilt selbstverständlich für alle Gesellschaftskreise. Daß die vielen unglücklichen Ehen zur Verminderung der Eheschließungen beitragen, ist begreiflich. Man hat einmal einen römischen Philosophen gefragt: ob es besser sei, zu heiraten oder nicht. Der Philosoph antwortete: „Tue beides, und du wirst beides bereuen.“ Wer wollte leugnen, daß in diesem Ausspruch eine große Wahrheit liegt? Jedenfalls ist es auch mit unserm Eherecht noch sehr schlecht bestellt. Angesichts des Umstandes, daß die Zahl der modernen Raubritter keine geringe ist, die Mädchen und Witwen mit einigem Vermögen nur in der Absicht heiraten, um durch „straflosen Diebstahl“ sich in den Besitz des Vermögens der Gattin zu setzen und alsdann spurlos zu verschwinden, sollte Veranlassung geben, den § 247, alinea 2 des Strafgesetzbuches so schnell als möglich zu ändern. Die gefährlichste Erscheinung im Eheleben ist zweifellos der Blaubart. Welches Kind empfindet nicht ein gewisses Gruseln, wenn ihm von Dienstmädchen in der Dunkelstunde am traulichen Kaminfeuer von einem Blaubart erzählt wird, der ein halbes Dutzend Frauen aus reiner Mordlust um die Ecke gebracht hat. Leider haben diese Kindermärchen in der Neuzeit immer mehr praktische Gestalt angenommen. Im fünften Bande meiner „Interessanten Kriminalprozesse“ wird dem Leser unter der Überschrift: „Ein verbrecherischer Arzt“, ein Blaubart in schlimmster Form als Angeklagter vor dem Schwurgericht zu München vorgeführt.

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/6&oldid=- (Version vom 18.2.2023)