Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8 | |
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gegen ihn erhoben. Am 22. und 23. Juni 1900 hatte er sich vor dem Schwurgericht zu Potsdam zu verantworten. Den Vorsitz des Gerichtshofes führte Landgerichtsrat Rademacher. Die Anklage vertrat Erster Staatsanwalt Dr. v. Ditfurth. Die Verteidigung führte in Vertretung des Justizrats Aßmy Gerichtsassessor Dr. Baum. Es war erklärlich, daß der Andrang des Publikums zu dieser eigenartigen Verhandlung ungeheuer war. Jänicke, ein schlank gewachsener junger Mann mit etwas melancholischem Gesichtsausdruck, gab auf Befragen des Vorsitzenden an:
Er sei am 2. September 1876 in Nowawes, wo seine Eltern noch leben, geboren. Er war früher Töpfer und habe sich zuletzt als Arbeiter ernährt. Er sei evangelischer Religion, nicht Soldat gewesen, verheiratet und einmal wegen Diebstahls mit sieben Tagen, einmal wegen Körperverletzung mit einem Tage Gefängnis bestraft.
Der Vorsitzende stellte jedoch fest, daß der Angeklagte außerdem im Jahre 1895 zu Potsdam wegen Diebstahls an einem Bett mit einer Woche, in Hamburg 1897 wegen Diebstahls an zwei Jacketts, in demselben Jahre wegen Bodendiebstahls mit sechs Monaten, außerdem wegen Körperverletzung mit einem Tag Gefängnis bestraft war. – Auf Befragen des Vorsitzenden erklärte der Angeklagte weiter: Er sei seit Juli 1899 verheiratet; seit dem 1. Oktober 1899 versehe er in Berlin eine Portierstelle, wofür er freie Wohnung und drei Mark wöchentlich erhalte. Daneben arbeitete er von Weihnachten bis Februar in der Gewehrfabrik von Ludwig Löwe, bis seine Frau krank wurde. – Vors.: Sie haben Annoncen erlassen, wonach Sie sich zum Kartenlegen erbieten. Konnten Sie denn Karten legen? – Angekl.: Jawohl! Ich lege Karten und sage aus dem Ei wahr. – Vors.: Wie machen Sie denn das? – Angekl.: Ich schlage das Ei ins Wasser. – Vors.: Wann haben Sie die Luise Bergner kennen gelernt? – Angekl.: Ich lernte sie im
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/301&oldid=- (Version vom 18.4.2024)