Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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habe ich nicht abgeschrieben. – Ein von Hentsch an Adler gerichteter Brief besagte: „Ich werde Ihnen den Mieg schicken, sobald Sie mir 500 Mark vorher senden. Sie können mir diese meine Forderung der Vorausbezahlung nicht verdenken, denn wenn Sie die Arbeit haben, kann ich, wenn Sie nicht zahlen wollen, nichts gegen Sie ausrichten. Ich will eben nicht noch einmal ‚reinfallen‘. – Vors.: Sie bleiben dabei, daß Sie nur den ersten Teil des Buches abgeschrieben und an Adler gesandt haben? – Hentsch: Ja. – Vors.: Weshalb schrieben Sie das Buch nicht vollständig ab? – Hentsch: Ich wäre sonst mit der Arbeit nicht fertig geworden; ich durfte es bloß 14 Tage behalten. – Vors. Sie wußten damals bereits, daß Adler Agent der österreichischen Regierung ist, und wußten ferner, daß er die Arbeit an die österreichische Regierung verkaufen wollte? – Hentsch: Jawohl, ich hielt jedoch den Inhalt des Buches nicht für sekret, da ich ähnliche Dinge schon einige Jahre vorher in anderen Büchern gelesen hatte. – Vors.: Von wem erhielten Sie das Buch? – Hentsch: Von dem Hauptmann Thiede in Colberg. – Hauptmann Thiede: Ich habe dem Hentsch das Buch von Mieg auf dessen Ansuchen geliehen. Ich war der Meinung: Hentsch sei erst einige Zeit vorher abgegangen und infolgedessen sei ihm das Buch ebenso bekannt wie mir. Selbstverständlich hielt ich den Inhalt des Buches für sekret; ich glaubte jedoch keinen Anstand nehmen zu sollen, es einem Manne, wie Hentsch, zu leihen. – Ein hierauf verlesenes Gutachten des Kriegsministeriums besagte: „Dem ehemaligen bayrischen Hauptmann Mieg ist zur Zeit amtliches Material behufs Zusammenstellung des Buches übergeben worden, um eine Instruktion für die Infanterieoffiziere zu schaffen. Das Buch ist vollständig sekret und die Mitteilung seines Inhalts an eine fremde Macht für das Wohl des Deutschen Reiches schädigend. Dies mußte auch dem Hentsch bekannt sein. Jeder Offizier hatte die Pflicht, das Buch aufs strengste geheim zu behandeln.“ –
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/39&oldid=- (Version vom 20.3.2023)