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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/247

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

hatten und ihn auf dem Schaffot festschnallten, rief Reinsdorf: „Ich sterbe für die Befreiung der Menschheit. Es lebe die Anarchie.“ In demselben Augenblick blitzte das Henkerbeil in der Luft und sauste auf den Hals Reinsdorfs nieder. Der Kopf war vom Rumpfe getrennt. „Herr Reichsanwalt, das Urteil ist vollstreckt,“ rief der Scharfrichter. Küchler hatte die Hinrichtung des Reinsdorf von seiner Zelle aus gesehen. Kaum war diese grauenhafte Prozedur beendet und die Leiche Reinsdorfs auf einem Hundewagen nach der Leichenhalle des Zuchthauses geschafft, da ertönte wiederum die „Armensünderglocke“ in die kalte Morgenluft hinaus. Ein furchtbares Schreien und Wehklagen vernahm man. Unter Führung des Oberinspektors transportierten drei Zuchthauswärter Küchler zur Richtstätte. Küchler mußte förmlich getragen werden. Er schrie: „Ich sterbe unschuldig. Meine arme Frau, meine armen Kinder.“ In diesem Augenblick hatte auch schon das Henkerbeil dem Küchler den Kopf vom Rumpfe getrennt. Zwei Reichsgerichtsräte und ein Reichsanwalt waren in ihren scharlachroten Talaren zu der Doppelhinrichtung in amtlicher Eigenschaft erschienen. Es wohnten nur wenige Personen dem traurigen Akte bei.

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/247&oldid=- (Version vom 24.7.2024)