Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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9. September hat eine Konferenz stattgefunden, in welcher Reinsdorf vorschlug, bei der Enthüllungsfeier des Niederwalddenkmals etwas zu begehen. Reinsdorf wollte selbst nach Rüdesheim reisen. Am 23. September sagte jedoch Küchler dem Rupsch: er solle zu Reinsdorf, der zurzeit im Krankenhause lag, gehen, dieser habe ihn ausersehen, zu der Enthüllungsfeier zu fahren und dort Se. Majestät den Kaiser, den Deutschen Kronprinzen und alle Generale, wie Küchler sich ausdrückte, zu töten. Rupsch leistete dieser Aufforderung des Küchler auch sofort Folge und nachdem ihm Reinsdorf den Auftrag persönlich mitgeteilt und er von Holzhauer das Dynamit und das nötige Reisegeld erhalten hatte, reiste er in Begleitung des Küchler nach Rüdesheim. Hier handelten beide in sehr wohlüberlegter Weise. Sie suchten sich am Abende vorher zunächst den Ort aus, wo- hin sie das Dynamit legen wollten, holten es alsdann und verbanden es mit einer bis in den Wald sich hinziehenden Zündschnur, welch letztere sie mit Gras, Laub und Erde bedeckten. Am folgenden Tage waren sie bemüht, die Explosion zu vollführen, dies gelang ihnen jedoch nicht. Es entsteht nun hier die Frage: Ist die ganze Geschichte glaubhaft, da ein objektiver Tatbestand nicht vorliegt? Der Gerichtshof hat die volle Überzeugung gewonnen, daß die Explosion in der von den Angeklagten erzählten Weise versucht worden ist. Es entsteht die Frage: sind hier Handlungen begangen worden, die einen Anfang der Aus- führung des beabsichtigten, aber nicht zur Vollendung gekommenen Verbrechens betätigt haben, oder sind nur vorbereitende Handlungen zum Hochverrat begangen worden? Der Gerichtshof hat die erstere Frage bejaht, und zwar aus dem Grunde, da Rupsch die Zündschnur bereits entzündet hatte. Der Gerichtshof hält in dieser Beziehung die Aussage des Küchler für glaubwürdig, daß Rupsch zunächst den Schwamm entzündete, dieser aber infolge der großen Nässe nicht brennen wollte, daß Rupsch alsdann neuen
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/241&oldid=- (Version vom 24.7.2024)