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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/225

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

sofort selbst entleiben.“ Ganz besonders spricht aber für die Schuld des Rupsch sein ganzes Verhalten auf dem Niederwald. Ich will den hohen Gerichtshof nicht mit der Vorführung aller Einzelheiten ermüden, allein soviel steht fest: hätte Rupsch das Attentat verhindern wollen, dann brauchte er nicht am Abend vorher einen Schnitt in den Baumstamm zu machen, um am folgenden Tage die Zündschnur wiederzufinden. Im weiteren ist aber auch sein Benehmen nach der Tat sehr charakteristisch. Anstatt vor den Leuten, mit denen er nichts mehr zu tun haben will und deren Rache er fürchtet, zu fliehen, kehrt er ganz ruhig nach Elberfeld zurück, erstattet dem Reinsdorf ordnungsmäßig Bericht und bricht in keiner Weise den Verkehr mit jenen Leuten ab, im Gegenteil, noch lange nachher ersucht er den Holzhauer, ihm „Freiheiten“ zu schicken. Ferner ist es unglaublich, daß Rupsch die Zündschnur zunächst mit einer kalten Zigarre entzündet und das zweitemal die Zündschnur durchschnitten hat, um die Explosion zu verhindern. Gegen diese Behauptung spricht zunächst die Erzählung des Küchler in der Wohnung von Söhngen, bei welcher Gelegenheit Küchler keine Veranlassung hatte, etwas Unwahres zu sagen. Er erzählte: zunächst habe die Zündschnur nicht gebrannt, da der Schwamm zu naß geworden war, darauf habe Rupsch neuen Schwamm an die Schnur gemacht, und nun habe die Schnur nur zum Teil gebrannt, der großen Nässe wegen sei jedoch die Explosion nicht erfolgt. Diese Erzählung stimmt mit der des Sachverständigen, Herrn Major Pagenstecher, vollständig überein. Die Anheftung von einem Schwamm ist erforderlich gewesen, um die geschehene Wirkung hervorzubringen. Diese Manipulation spricht nicht dafür, daß Rupsch die Explosion vereiteln wollte. Alles in allem spricht dafür, daß Rupsch nicht mit einer kalten Zigarre, sondern mit einer brennenden Zigarre die Zündschnur entzündet, daß diese aber der großen Nässe wegen nicht gebrannt hat, daß er alsdann neuen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/225&oldid=- (Version vom 23.7.2024)