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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/222

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Weiter hieß es in der „Freiheit“: „Das Nitroglyzerin steht auf einer Stufe mit der Erfindung der Buchdruckerkunst. Ersteres liefert uns die Mittel, um unsere Ideen zu verbreiten, letzteres, um unsere Ideen zur Verwirklichung zu bringen.“ In einem ferneren Artikel der „Freiheit“ wurde der Raubanfall in Stuttgart besprochen und dabei der „Rebell“, Organ der deutschredenden Anarchisten in Budapest, zitiert, in welchem der überfallene Bankier ein privilegierter Räuber genannt und das Verbrechen als eine Heldentat bezeichnet wurde. Die „Freiheit“ bemerkte dazu: „Wir sind selbstverständlich mit unserem Bruderorgan einverstanden. Wir sind der Meinung, daß im Kriege nicht bloß hinüber und herüber geschossen werden muß, es müssen auch dem Feinde die Mittel zur Kriegführung genommen werden. Die herrschenden Klassen müssen einsehen, daß wir selbst vor dem Schaffot nicht zurückschrecken. Die feige Züricher Bande wird uns ja wieder nach Möglichkeit beschimpfen“. In einem weiteren Artikel der „Freiheit“ wurde beklagt, daß das Attentat auf das Frankfurter Polizeigebäude mißglückt sei, und dabei der Rat erteilt, in Zukunft lieber etwas mehr als weniger Dynamit bei solchen Attentaten zu verwenden. „Lange genug sind wir geknechtet worden; es ist hohe Zeit, daß wir zur Tat übergehen. Die herrschenden Klassen sollen einsehen, daß wir weder vor dem Beil noch vor dem Galgen zurückschrecken. Es lebe die soziale Revolution“. – Der Gerichtshof beschloß: die Zeugen Weber Palm und Packer Vestweber, da sie der Teilnahme an den zur Anklage gestandenen Verbrechen verdächtig waren, nicht zu vereidigen. – Am fünften Verhandlungstage erteilte der Vorsitzende, Senatspräsident Drenkmann, das Wort zur Schuldfrage dem Vertreter der Reichsanwaltschaft, Ersten Staatsanwalt Treplin: Die Begebenheiten, die die Beweisaufnahme zutage gefördert, bilden eine tiefe Kluft mit den Anschauungen unserer heutigen Kulturzustände. Sie sprechen aller Ethik Hohn und man fühlt sich veranlaßt, zu fragen:

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/222&oldid=- (Version vom 23.7.2024)