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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/126

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

sich die Sache in die Länge ziehen, desto mehr Honorar werden aber die Verteidiger beanspruchen, sein Vermögen werde infolgedessen immer mehr zusammenschmelzen. Da versetzte der Angeklagte: Herr Rechtsanwalt Dr. Herz hat mir versprochen, mich ohne Bezahlung zu verteidigen. Ich bemerkte darauf: Das ist brav, dann bleiben Sie dabei. – Vert. R.-A. Dr. Sprenger verlas einen vom Angeklagten aus der Untersuchungshaft geschriebenen Brief, in dem der Angeklagte über heftige Kopfschmerzen klagte, die er für die Folge seiner vielen Vernehmungen halte. Der Polizeikommissar Böning habe ihm gesagt: wenn er ein Geständnis ablege, käme er mit einer kurzen Gefängnisstrafe davon und womöglich werde die Strafe durch die Untersuchungshaft als verbüßt erachtet. Andernfalls seien ihm 10 Jahre Zuchthaus sicher. Der Polizeikommissar habe ihm ferner gesagt: er könne sich doch irren, es haben sich schon Kaiser und Könige geirrt. Er (Angeklagter) habe sich deshalb gesagt: Geglaubt werde ihm doch nichts, und um einer 10 jährigen Zuchthausstrafe zu entgehen, habe er schließlich seine vor Gericht gemachte Aussage widerrufen. – Polizeikommissar Böning bestritt, solche Äußerungen getan zu haben. Er führe seit 23 Jahren selbständig Vernehmungen und wisse genau, daß er in keiner Weise auch nur den leisesten Versuch machen dürfe, ein Geständnis zu erpressen. Er gebe zu, daß er dem Angeklagten gesagt habe, wenn er ein offenes Geständnis mache, würde er eine mildere Strafe erhalten. – Der Angekl. bemerkte: Er halte alles, was er in dem verlesenen Briefe geschrieben habe, vollständig aufrecht. – Auf weiteres Befragen des Vert. R.-A. Dr. Sprenger bestritt der Zeuge, den Versuch gemacht zu haben, dem Angeklagten Mißtrauen gegen seine Verteidiger einzuflößen. Auf Befragen des Vert. R.-A. Dr. Jonas sagte der Zeuge: Durch den Aufruf und die Vernehmungen sollte nur festgestellt werden, ob das, was der Angeklagte behauptet hat, wahr ist. – Vert.: Dann verstehe ich nicht, weshalb der Angeklagte

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/126&oldid=- (Version vom 9.7.2024)