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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/111

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

bezeichnen, daß die Strafanzeige Biermanns von der hiesigen Staatsanwaltschaft nicht genügend geprüft worden sei. – Vors.: Nun, Angeklagter, sind Sie damit einverstanden, daß wir weiter verhandeln, oder beantragen Sie die Aussetzung der Verhandlung, damit Sie sich nach einem neuen Verteidiger bemühen können? – Angekl.: Ich kann gar keine Erklärung abgeben. – Vors.: Ja, Sie müssen uns eine Erklärung geben; wir müssen doch auf die eine oder andere Weise die Sache zu Ende bringen. – Angekl.: Ich bin zu erschöpft, ich kann keine Erklärung abgeben. – Der Gerichtshof zog sich zur Beratung zurück. – Nach wenigen Minuten trat der Gerichtshof wieder in den Saal. Der Vorsitzende verkündete: Der Gerichtshof hat beschlossen, den Antrag auf Vernehmung der Frau Biermann abzulehnen und um 5 Uhr nachmittags die Verhandlung fortzusetzen. Die Zeugen sind sämtlich entlassen. – Nach Wiedereröffnung der Sitzung nahm sogleich das Wort Staatsanwalt Dr. Fimmen. Wer geglaubt hat, es würden in diesem Prozeß sensationelle Enthüllungen zutage treten, wird gründlich enttäuscht sein. Selten hat wohl ein Prozeß einen solchen Ausgang genommen, wie der gegenwärtige. Es ist in dem „Residenzboten“ behauptet worden: Minister Ruhstrat habe in der Verhandlung wider Dr. Ries-Biermann wissentlich einen Meineid geleistet, denn er habe unter Eid erklärt, er habe seit 13 bis 14 Jahren nicht mehr gespielt, und er habe nur im Kasino gespielt; es könne aber aufs bestimmteste nachgewiesen werden, daß der Minister noch bis in die neueste Zeit leidenschaftlich dem Glücksspiel gefrönt und zumeist die Bank gehalten habe. Monatelang wurde vom Angeklagten im „Residenzboten“ geschrieben: er sei in der Lage, den striktesten Beweis für seine Behauptungen zu erbringen. Der Angeklagte war aber nicht in der Lage, auch nur einen Zeugen für seine Behauptung namhaft zu machen. Der Staatsanwalt ging näher auf den Inhalt der zur Anklage stehenden Artikel ein und äußerte

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/111&oldid=- (Version vom 17.6.2024)