Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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als mißglückt erachten muß, die hiesigen Juden mit einem Ritualmord in Verbindung zu bringen. Gegen die Familie Lewy insbesondere liegt nicht das geringste vor. Nicht das geringste Belastende konnte gegen diese Personen bewiesen werden, und dafür gebe es gewiß nicht den geringsten Anhalt, daß sie an einem Komplot beteiligt gewesen seien. Wollte man nun ein anderes Motiv bei irgend einem Mitgliede der Familie Lewy annehmen, so ist auch hierfür keine tatsächliche Unterlage vorhanden. Ernst Winter ist spätestens um 7 Uhr gestorben, bis dahin haben aber alle Mitglieder der Familie Lewy ihr Alibi nachgewiesen. Was nach 7 Uhr vorgegangen sein soll, ist hierbei zunächst ganz nebensächlich; aber auch über 7 Uhr hinaus haben die Familienmitglieder ihr Alibi nachgewiesen; und auch während der Nacht ist von sämtlichen Hausbewohnern und von den Nachbarn nichts Verdächtiges wahrgenommen worden. Nicht der geringste Schimmer eines Beweises hat sich also erbringen lassen, daß Winter im Lewyschen Keller getötet worden ist. Wenn ich nun frage, wie ist gerade die Familie Lewy in den Verdacht des Mordes oder des Totschlages gekommen, so scheint das nicht blos an der Örtlichkeit des Lewyschen Grundstückes zu liegen, sondern ich führe es vor allem zurück auf das Gefasel des Zeugen Prinz, des „dummen Alex“. Hierdurch hat sich die Bevölkerung beeinflussen lassen. Dabei ist es für den vorliegenden Fall ganz gleichgültig, ob Moritz Lewy einen Meineid geschworen hat oder nicht. Und auch der Fall Israelski kommt nicht in Betracht: Ob Israelski den Kopf des Winter hinausgetragen hat, beweist nichts gegen die Familie Lewy, und hätte die Familie Lewy, die Pferd und Wagen zur Verfügung haben, es nötig gehabt, den Leichnam zu zerstückeln, wenn sie ihn zu Wagen viel leichter haben wegschaffen und irgendwo vergraben können? Ich bin der festen Überzeugung, daß ein Mitglied der Familie Lewy mit dem Morde nichts zu tun hat, und daß der gestern von diesen geleistete Eid
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/120&oldid=- (Version vom 12.2.2023)