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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/257

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

jetzt hinein!“ Er (Zeuge) habe Veranlassung genommen, St. zu ermahnen, daß er nicht gehässig und eigenmächtig gegen Sternberg vorgehen und nicht mehr aussagen solle, als er verantworten könne. Er möge an seine Familie denken und vorsichtig sein. Auf Befragen gab der Zeuge an, daß er auch zu Stierstädter gesagt habe, es könne für ihn von Nutzen sein, wenn er nicht allzu schroff gegen Sternberg vorgehe. Dies sei darauf zurückzuführen, daß der Direktor v. Hüllessem Bemerkungen gemacht habe, wonach Stierstädter zu eigenmächtig vorgehe. Er habe Stierstädter darauf vorgehalten, daß er bei einem etwaigen Abgange doch ein gutes Attest brauche. Ach was, habe Stierstädter geantwortet, ich brauche keinen Menschen und brauche auch kein Attest! – Im weiteren Verlauf erschien als Zeugin die 16jähige Hedwig Ehlert, ein hübsches, körperlich sehr entwickeltes Mädchen. Sie hatte im Kottbuser Gefängnis wegen Diebstahls in Strafhaft gesessen und befand sich zurzeit im Magdalenenstift. Als sie kaum 13 Jahre alt war, soll sie in der Passage, die die Behrenstraße mit der Straße Unter den Linden verbindet und in der Friedrichstraße auf „Männerfang“ ausgegangen und der Prostitution obgelegen haben. Sie bekundete auf Befragen des Vorsitzenden: Sie sei von Freundinnen darauf aufmerksam gemacht worden, daß sie bei der Fischer in der Alexandrinenstraße 1 b viel Geld verdienen könne, dort wohne ein reicher Modellmaler, der Modelle brauche. Sie habe deshalb die Zahl der Mädchen, die bei der Fischer aus und eingingen, vermehrt. Als Kriminalkommissar v. Tresckow der Zeugin in Kottbus das Bild des Angeklagten Sternberg vorlegte, soll sie in ihm den Maler wiedererkannt haben. In der Verhandlung erklärte sie, Herrn Sternberg nicht als den Maler wiederzuerkennen. Sie mußte den Angeklagten recht genau betrachten, Sternberg mußte mit der Zeugin sprechen, die Zeugin blieb jedoch dabei, daß sie den Angeklagten nicht als den Maler wiedererkenne. Letzterer scheine ihr mehr Haare gehabt und auch einen anderen Dialekt gesprochen zu haben. Die Zeugin gab zu, in der vorigen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/257&oldid=- (Version vom 31.7.2018)