Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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habe sich Koschemann nach den Bureaustunden des Oberst Krause erkundigt. – Barbier Breuer und Barbiergehilfe Otzdorf bekundeten: Westphal und Koschemann seien am 29. Juni 1895 in ihren in der Andreasstraße belegenen Barbierladen gekommen. Westphal habe sich rasieren und frisieren, Koschemann das Haar schneiden und frisieren lassen. Sie sprachen von „Judenflinten“ und einem Fest bei Sternecker in Weißensee. (Unter „Judenflinten“ versteht man in den Berliner Volkskreisen Ludwig Löwe in Erinnerung an den bekannten Judenflinten-Prozeß Ahlwardt. Der Verf.) Otzdorf gab der Ansicht Ausdruck, daß es zwischen 4–6 Uhr nachmittags gewesen sei, Breuer war der Meinung, es sei später gewesen, er habe bereits Licht anstecken müssen. – Frau Breuer: Sie wisse sich des Tages ganz genau zu erinnern. Es sei am Sonnabend, den 29. Juni 1895, zwischen 7 bis 8 Uhr abends gewesen. Sie könne sich nicht irren, da sie nur Sonnabends abends im Geschäft ihres Mannes sei. Westphal‚ einen alten Kunden ihres Mannes, kannte sie ganz genau. Koschemann war ihr unbekannt, sie kenne ihn aber mit voller Bestimmtheit wieder. Sie habe ihn auch, als er ihr im Juli 1895 vorgestellt wurde, sofort mit voller Bestimmtheit wiedererkannt. – Es erschien hierauf eine ganze Reihe von Frauen und Männern als Zeugen. Alle diese wurden vom Vorsitzenden nach ihrer politischen Parteizugehörigkeit und auch gefragt, welche Zeitungen sie lesen. Fast sämtliche Zeugen bekundeten, daß sie Koschemann am 29. Juni 1895 auf dem Fest der Ludwig Löweschen Fabrik bei Sternecker in Weißensee gesehen haben. Einige wollten Koschemann schon gegen 6 Uhr nachmittags‚ andere um 8 Uhr, einige bedeutend später gesehen, zum Teil auch gesprochen haben. – Im weiteren Verlauf der Verhandlung wurde der Redakteur des damaligen Berliner Anarchistenorgans „Der Sozialist“, Schriftsteller Gustav Landauer, der sich selbst als Zeuge gemeldet hatte, vernommen. Landauer bekundete: Der Expedient des „Sozialist", Wilhelm Spohr, erhielt eines Tages von einem Uhrmacher Richard
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/184&oldid=- (Version vom 31.7.2018)