Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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einigen Blättern kundgegebene Unterstellung, daß die Polizei selbst erst den grauen Anzug in die Koschemannsche Wohnung geschmuggelt habe, um eine Handhabe gegen Koschemann zu bekommen. Übrigens müsse er noch nachholen, daß im Hause Alexanderstraße 2 niemals ein Oberst Krause gewohnt habe. Man hatte der Polizei auch den Vorwurf gemacht, daß sie in den Versammlungen der Anarchisten Spione hielten, welche zu aufrührerischen Reden anreizen müßten. Er (Zeuge) müsse sich entschieden dagegen verwahren, daß er solche Mittel anwende. Es sei dies selbst vor einiger Zeit in einer Anarchistenversammlung anerkannt worden. Er bedauere es sehr‚ daß er die Benutzung von Agenten nicht vermeiden könne, das liege aber einmal in den Verhältnissen. – Vert. R.-A. Dr. Werthauer: Ist es richtig, daß sich unter den Leuten, die ihnen Nachrichten zutragen, auch bestrafte Personen befinden? – Zeuge: Es kann möglich sein, aber ich kann es nicht ändern. Wenn ich imstande sein soll, die Ausführung von verbrecherischen Plänen zu verhindern, muß ich sie auch kennen. – Vert.: Nun behauptet Koschemann, daß die Anarchisten gar nicht so schlimm seien wie die Terroristen, die letzteren seien die eigentlichen Vertreter der Propaganda der Tat. – Zeuge: Ausgesprochen und gedruckt ist es ja, daß unter den Anarchisten nur wenige sind, welche vor keiner Tat zurückbeben, aber es wird ja immer Leute geben, die sich hervortun und besonderen Mut haben. Koschemann und Westphal geben zu, daß sie Abonnenten der in New-York erscheinenden „Freiheit“ sind, Weber will die Zeitung ohne sein Zutun regelmäßig zugeschickt erhalten haben. – Vert. Rechtsanwalt Bieber: Gehörten die männlichen Angeklagten zu denjenigen Personen, welche die Versammlungen von Anarchisten schärferer Richtung in der Petersburger Straße besuchten? Zeuge: Ich weiß es nicht. – Vert.: Wie sind Sie zu der Annahme gekommen, daß auch Weber mit dem Gedanken umging, nach Amerika auszuwandern? – Zeuge: Es ist mir zu Ohren gekommen. – Vert.: Weber bestreitet entschieden,
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/178&oldid=- (Version vom 1.8.2018)