Zeuge: Mölders trinkt gern einen, aber auf der Straße habe ich ihn noch nicht liegen sehen.
Frau Beckmann: Sie habe einmal Frau Mölders gefragt, was sie von dem Morde halte. Frau Mölders habe darauf erzählt: Am Sonntag nach dem Morde sei ihr Mann sehr unruhig im Zimmer auf- und abgegangen. Auf die Frage der Frau Mölders, was ihm fehle, habe der Mann gesagt: Ich weiß etwas von dem Morde, ich kann aber noch nichts sagen. Der Mann sei alsdann fortgegangen, sei nach einiger Zeit wiedergekommen und habe gesagt: Jetzt bin ich bei Hegmann gewesen, ich habe mir ein Läppchen von der Schürze des ermordeten Kindes geben lassen, nun weiß ich, wer der Mörder ist. Frau Mölders erzählte, daß ihr Mann das Läppchen stets bei sich trage, damit wenn er vor Gericht komme, er genau wisse, was er zu sagen habe. Als ihr Mann vernommen wurde, da hätten ihm die Gerichtsherren verschiedene Sachen vorgelegt, er habe aber die Schürze des kleinen Hegmann sofort herausgefunden, da er sich das von Hegmann erhaltene Läppchen häufig, selbst bei der Arbeit, angesehen habe. Der Klempner Ullenboom habe ihr einmal gesagt: Es sei sehr falsch, daß Mölders behauptet, der kleine Hegmann sei am Vormittage des Peter- und Paulstages in das Buschhoff’sche Hause gezogen worden, er dürfe doch höchstens sagen, ein Kind sei in das Haus gezogen worden. Er (Ullenboom) habe an jenem Vormittag, da sein Vater gefährlich krank war, ein 1 ½ jähriges Pflegekind zu Buschhoff mitgenommen. Er sei mehrfach von Buschhoff weggegangen und wiedergekommen, sodaß es sehr leicht möglich sei, das Kind sei aus dem Hause gelaufen und vielleicht von dem Buschhoff in das Haus geführt worden. Er selbst habe das Kind, da dies mehrfach aus dem Hause gelaufen sei, wieder in das Buschhoff’sche Haus geführt. – Verth. Rechtsanwalt Fleischhauer: Sie haben einmal gesagt, daß Ullenboom Ihnen dies Alles im Flüstertone erzählt habe? – Zeugin: Jawohl. – Verth.: Weshalb sprach Ullenboom im Flüstertone? – Zeugin: Er sagte, wenn das, was er mir sage, bekannt werde, dann könne er nicht mehr mit Ruhe über die Straße gehen. – Präs.: Es dürfte den Herren Geschworenen bekannt sein, daß Ullenboom hier erklärt hat, er habe in Folge seines Verkehrs mit den Juden fast alle seine Kundschaft verloren. – Präs.: Sagen Sie einmal, Zeugin, kennen Sie den Ullenboom? – Zeugin:
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/79&oldid=- (Version vom 31.7.2018)