Präs.: Sie sind der Ansicht, daß die Durchschneidung des Halses mit einem dieser Messer, speziell mit dem Messer Nr. 13 geschehen ist?
Sachverständiger: Die Art der Verletzung spricht keineswegs dafür, daß die vorliegenden Messer gebraucht worden sind. Der Mord kann ebenso gut mit einem gewöhnlichen Brotmesser geschehen sein.
Oberstaatsanwalt Hamm: Herr Medizinal-Rath! Herr Dr. Steiner hat bekundet, daß gegen 9 Uhr Abends die Leichenstarre bereits eingetreten war, und eine Muskel noch gezuckt habe.
Wann mag der Tod des Ermordeten eingetreten sein.
Professor Dr. Kirchgäßer: Die Leichenstarre tritt bisweilen schon nach 2 Stunden ein, es läßt sich in dieser Beziehung nichts Genaues sagen.
Oberstaatsanwalt: Ist es möglich, daß der Mord schon gegen 11 Uhr Vormittags erfolgt ist?
Sachverständiger: Die Möglichkeit liegt vor.
Professor Doktor Köster (Bonn): Er sei Professor der Anatomie am pathologischen Institut zu Bonn. Er könne im Allgemeinen den Ausführungen des Medizinal-Raths Doktor Kirchgäßer beistimmen. Er habe die Ueberzeugung, daß die That am Fundorte geschehen sei, daß eine Blutentziehung nicht stattgefunden habe, daß das am Thatort vorgefundene Blut der Menge entspreche, die das ermordete Kind verloren haben müsse. Auch er sei der Meinung, daß der Hals nicht von einem Menschen durchschnitten worden, der in der Messerführung Uebung habe. Ein Schächtschnitt sei die vorgefundene Verletzung keineswegs. Ein Schächter, der derartig gegen alle Vorschriften verfahre, wie es bei der Halsdurchschneidung geschehen, würde zweifellos sofort seines Amtes entsetzt werden. Die ganze Art des Mordes spreche dafür, daß weder ein Schächter noch überhaupt ein Metzger die That begangen habe. Der Mord könne mit jedem Messer, aber selbst mit jedem anderen scharfkantigen Gegenstande, etwa einem zerbrochenen Teller ausgeführt sein. Die bei Buschhoff vorgefundenen Messer scheinen ihm zur Ausführung des Mordes vollständig ungeeignet. Wenn das Messer Nr. 13 angewendet worden wäre, dann wäre wohl sofort mit einem Schnitt der Kopf heruntergeflogen, die Durchschneidung hätte denn mit größter Vorsicht ausgeführt werden müssen.
Kreisphysikus Dr. Bauer: Er müsse zu dem soeben
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)