Hermine Buschhoff ein Liebesverhältnis unterhalten, geantwortet habe: „Nie und nimmer, denn Hermine Buschhoff ist eine Jüdin und ich bin Christ“. Es ist wahr, Ullenboom hat sich einmal etwas zu Schulden kommen lassen, allein er hat dies Vergehen sehr bald wieder gut gemacht. Ullenboom soll allerdings verschiedentlich sich ungünstig über Buschhoff ausgesprochen haben. Ullenboom hat jedoch hier erklärt, er habe dies nur gethan, um sich vor Verfolgungen und weiteren wirthschaftlichen Schädigungen zu schützen, hier vor Gericht habe er aber immer die Wahrheit gesagt. Herr Bürgermeister Schleß hat uns im Uebrigen bekundet, daß er dem Ullenboom einen Meineid nicht zutraue. Der Staatsanwalt beleuchtet noch weiter den Leumund anderer Entlastungszeugen und bemerkt im weiteren Verlaufe, daß die eingehendsten Ermittlungen ergeben haben, daß auch nicht ein fremder Jude den Mord begangen habe. Ich will dabei noch bemerken, daß der Verdacht entstand, die fremden Juden haben einen Lustmord begangen. Der vielgenannte Matje Degen, der im Uebrigen kein Jude, sondern ein Katholik ist, seines jüdischen Aussehens wegen aber für einen jüdischen Schnorrer gehalten wurde, war umsomehr des Lustmordes verdächtig, weil behauptet wurde, er sei an den vor einigen Jahren in Essen vorgekommenen Lustmorden betheiligt gewesen. Ich komme daher zu dem Schluß, daß Buschhoff auch nicht der Mitwissenschaft des Mordes verdächtig ist.
Wäre Buschhoff der Mörder oder auch nur Mitwisser des Mordes, dann wäre sein Auftreten am Tage des Mordes jedenfalls nicht ein solch unbefangenes gewesen, man müßte denn annehmen, daß er ein ganz raffinirter Mörder ist. Sie haben ja den Mann vor sich, ich überlasse dies daher Ihrem Urtheile. Bedauerlich ist es ja, daß durch diese Verhandlung die Mordthat keine Aufklärung erfahren hat. Aufgeklärt ist aber die Unschuld des Buschhoff. Dieser ist weder der Mörder, noch der Mordgehilfe noch der Mitwisser. Und ich bemerke Ihnen ausdrücklich, meine Herren Geschworenen, daß wir es hier nicht mit einem Non liquet zu thun haben.
Daß das Verbrechen nicht aufgeklärt ist, bedaure ich ganz außerordentlich, und zwar umsomehr, da ich mir gleich nach Entdeckung der That alle Mühe gab, Klarheit in die Sache zu bringen, den Thäter zu ermitteln. Ich habe sofort in dem in Xanten erscheinenden „Bote für Stadt und Land“ einen Aufruf an die Bevölkerung erlassen, die Thätigkeit
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/135&oldid=- (Version vom 31.7.2018)