Buschhoff sehr befreundet war. Wir dutzten uns und nannten uns beim Vornamen. Am 29. Juni Abends gegen 7 Uhr hörte ich, daß in der Küppers’schen Scheune der kleine Johann Hegmann aufgefunden wurde. Ich ging sehr bald darauf bei Buschhoff vorüber. Buschhoff und Frau standen vor der Thür. Ich trat an die Leute heran und sagte: „Buschhoff, der Mord ist doch in Deiner nächsten Nähe passirt, Du mußt doch etwas davon wissen?“ Frau Buschhoff sagte: „Wie soll mein Mann etwas davon wissen“, Buschhoff selbst aber antwortete mir gar nicht, sondern drehte mir den Rücken und ging in’s Haus hinein. Von diesem Augenblick fiel mir etwas auf. Präs.: Was fiel Ihnen auf? – Zeuge: Daß Buschhoff der Mörder sei. Ich habe später den Thatort untersucht und dort weder Blut noch Spritzflecken gefunden. Ich hatte bis dahin an rituelle Morde nicht geglaubt, ich wurde aber anderer Meinung, als ich das Fehlen des Blutes und die Art der Ermordung des Knaben feststellte. – Präs.: Wann haben Sie den Thatort besichtigt? – Zeuge: Am Mittwoch nach dem Morde. – Präsident: Der Mord wurde am Montag begangen? – Zeuge: Jawohl. – Staatsanwalt: Haben Sie den Leichnam gesehen? – Zeuge: Nein, ich habe mir aber das Aussehen des Leichnams genau beschreiben lassen und habe als ehemaliger Metzgermeister meine Ansicht dahin geäußert. Ein Jude, Namens Benjamin Sander, sagte mir einige Tage darauf: Sie haben Angaben gegen Buschhoff über den Mord gemacht, Ihnen wird von Niemandem mehr etwas abgekauft werden. Als ich einige Zeit darauf nach Crefeld und Neuß kam, wurde mir gedroht, daß es mir ebenso ergehen werde wie dem kleinen Hegmann. – Präs.: Wer drohte Ihnen? – Zeuge: Es waren Juden, die ich nicht kannte.
Staatsanwalt: Wann kamen Sie zu der Ansicht, daß ein ritueller Mord vorliegt? – Zeuge: Nachdem ich am Mittwoch den Thatort besichtigt und mir die Art der Ermordung beschrieben wurde.
Vertheidiger Rechtsanwalt Fleischhauer: Ist nicht der Steinmetz Wesendrup Ihr Schwager? – Zeuge: Nein, Wesendrup hat nur eine Halbschwester von mir zur Frau. – Vertheidiger: Der Zeuge hat soeben gesagt, er sei am Mittwoch zum ersten Male zu der Ueberzeugung gelangt, daß ein ritueller Mord vorliegt. Ich stelle nun an den Zeugen die Frage: Ob er nicht schon
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)