es ihm unter dem Namen Wildschaden für göttliche Schickung an. Jetzt ist er die Stütze des Staates und seit der Volksbewaffnung auch dessen Schutz, mit dem Rechte, Landtagsabgeordnete zu wählen und zu erhalten.
Blutigel. Nach einer zu Paris erschienenen Schrift hat dieses Thier achtundzwanzig Magen und zwischen diesen das in einem Sacke befindliche Gehirn. Unsere politischen Blutigel haben, Dank der Vorsehung! nur einen Magen. Wir müßten verhungern, wenn jedes Mitglied der deutschen National-Versammlung achtundzwanzig Magen hätte.
Christ. Heiden und Muhamedaner können Christen werden, nur die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs nicht. Diese nennt man, sobald sie das Christenthum annehmen, getaufte Juden, wahrscheinlich, um ihrem Nationalstolze zu schmeicheln. Der Christ ist wie alle übrigen Staubgeborenen entweder vernünftig oder unvernünftig. Im letzten Falle heißt er Mucker, trägt ein weißes Halstuch, geht unter der Last seiner Sünden gebückt, hat schielende Augen, lebt einzig und allein vom heiligen Geist, dem Wupperthale und Traktätlein und kreuzigt bei Tage sein Fleisch sammt den Lüsten und Begierden. Was er bei Nacht macht, weiß man nicht gewiß.
Demuth ist eine christliche Tugend, über die sich unvergleichlich schön predigen läßt. Als Unterabtheilungen schlagen wir vor: a. worin besteht sie? b. worin besteht sie nicht und c. worin besteht sie am allerwenigsten? – oder a. was macht ihren großen Werth? b. was würde ihren großen Werth außerdem machen und c. was würde ihren großen Werth zum größeren, zum größten und endlich zum allergrößten machen?
Deutscher oder ein Einwohner von Deutschland, ist nächst der Schildkröte das geduldigste animalische Wesen, welches die Natur hervorgebracht hat. Besondere Kennzeichen: er liebt Sauerkraut und Klöße, hat große Neigung zur Philosophie und immerwährenden Durst. Auch fragt er nicht: „Wer ist dieser Mann?“ sondern: „Wer ist sein Herr Vater?“ In der Sprache der Gebildeten wird er Michel genannt und erfahrene Diplomaten behaupten, daß er nur in der konstitutionellen Monarchie mit breitester demokratischer Grundlage sich wohlbefinden könne und dürfe.
Dichter. Dem Dichter steht die ganze Welt offen, Schneider, Schuhmacher und Gastwirthe ausgenommen. Er verheirathet sich nicht wie andere ehrliche Menschen, sondern lebt in Vielweiberei mit den Musen, unter deren Pantoffel er steht. Seine Kinder sind, obwohl nicht vierfüßig, doch vielfüßig. Sein Pferd, das er Roß nennt, ist weder von arabischer, noch englischer, sondern von griechischer oder altklassischer Zucht. Es heißt Pegasus und trinkt nur aus der kastalischen Quelle. Daß es Austern frißt und Champagner säuft, ist eine welthistorische Lüge.
Ehe. Sie ist ein blutiges Pasquill auf die Liebe und außerdem die langweiligste unter allen Erfindungen. Ist man aber einmal verheirathet, so beherzige man folgende Lehren, die ein neuerer Schriftsteller giebt. Die Ehe, sagt er, gleiche der Leipzig-Dresdner Eisenbahn, hübsch grade, und eben, und nicht so krumme Wege, wie die von Leipzig nach Berlin. In der Ehe lasse man sich den Bahnwärter vom Telegraphen zum Muster dienen, welcher immer bei der Stange bleibt und nie von seinem Posten weicht. In ihr habe man sein Augenmerk, daß nicht so viel gekohlt wird, wie auf den Bahnhöfen; das Feuer der Liebe muß immer hell brennen. Eine Ehe darf nicht gleichen den Wagen dritter Classe, wo das Rauchen erlaubt ist und Eines dem Andern einen blauen Dunst vormachen darf. Endlich gleiche die Ehe nie gewissen Stationen auf der Hannöverschen Eisenbahn, wo das Zeichen zur Abfahrt mit dem Horne gegeben wird.
Eindruck, abgeleitet von der Vorsylbe ein und dem Zeitwort drücken, bezeichnet die Art der Wirksamkeit, die eine Sache macht. Auf die junge Nonne macht der Beichtvater und öfters auch der Kaminfeger Eindruck, auf die erfahrene Dame ein englischer Bereiter, auf den gnädigen Herrn das Stubenmädchen oder die Köchin, auf den Offizier ein Sackerment des Kommandirenden, auf den Rekruten der Haselstock; aber auf einen Holländer, der ein neugewaschenes Hemd an hat und eben seinen Käse ißt, macht nichts Eindruck. Auf den deutschen Nationalcharakter machte es früher tiefen Eindruck, wenn bei dem Einzuge eines Fürsten die Sonne den Wolkenschleier zerriß und mit ihren Strahlen den Gesalbten begrüßte. Jetzt ist dieser Eindruck zu einem angenehmen Mythus geworden.
Eduard Kauffer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/142&oldid=- (Version vom 31.7.2018)