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Seite:Fliegende Blätter 1.djvu/33

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Am Kaiserhof ist der Vater mein,
Da hab' ich Mutter und Schwesterlein,
Die legten mir mit der weißen Hand
Um Hüft' und Lende mein gülden Gewand.
     Wie die Linden etc.


Da hab ich Aecker und Auen und Hain,
Da steht auch gemacht mein Brautbettlein,
Da hab ich auch mein Bräutlein still,
Dafür ich leben und sterben will.
     Wie die Linden etc.


Da lud ihn die Meerfrau zu sich herein,
Sie trank ihm zu ihren klarsten Wein,
Sie schlang ihren Arm um die Hüfte hin,
Ihre Locken schatteten über ihn.
     Wie die Linden etc.


Wie die jungen Linden duften im Thau,
So duftet der Athem der Zauberfrau.
„Und sage, wo ist nun dein Heimathland?
„Und sage, wer gab dir das güld'ne Gewand?“
     Wie die Linden etc.


„Wo hast du Aecker und Auen und Hain?
„Wo steht nun gebettet dein Brautbettlein?
„Wo wohnt die schlanke, goldlockige Maid,
„Um die du gegangen, um die du gefreit?“
     Wie die Linden etc.


Hier hab ich mein' Heimath und Fluren und Hain;
Hier sollst du mir betten das Brautbettlein;
Sei du mir selber das Bräutlein still,
Um das ich leben und sterben will.
     Wie die Linden etc.



Also sang Nils in die mondhelle Nacht hin, und der helle Klang verlor sich im leisen Rauschen des Wassers. Da legte sich eine Hand auf seine Schulter. Erschrocken sah er sich um; sein Vater stand neben ihm. Er hatte seines Kindes Lied belauscht. Als ahnte er, welch' ein Lehrmeister seinen Nils in diesen seltsamen Weisen unterrichtete, so drang er erst liebevoll, dann ernst und mahnend in ihn, daß er sein Herz aufthun möchte vor seinem alten, treuen, einzigen Freunde, seinem Vater, vielleicht daß dieser Trost und Heilung wüßte, woher ihm solche Noth wäre. Aber Nils blieb nach wie vor verschlossen selbst gegen seinen einzigen Freund, denn also hatte er es seiner Ellide zugesagt.


(Schluß in nächster Nummer.)



Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/33&oldid=- (Version vom 31.7.2018)