Fällen ausgeübt zu werden, in denen eine Vorlesung von zwei verschiedenen Lehrern gelesen wird, in welchem Falle die Verwaltung der Anstalt die Entscheidung trifft, bei welchem von beiden belegt werden soll. Es ist zweifellos, dass dieser Zwang unberechtigt ist und der persönlichen Freiheit des Studirenden ebenso entgegentritt wie dem gleichen Recht, welches alle Lehrer der Hochschule beanspruchen dürfen. In wie weit eine solche Freiheitsberaubung günstig oder ungünstig auf das Studium der Stipendiaten einwirkt, wagen wir nicht zu entscheiden. Es giebt Leute, welche den Zöglingen dieses Instituts, was ärztliches Wissen anbelangt, die Palme reichen, indem sie auf die grosse Zahl von Professoren aufmerksam machen, die aus der Pepiniere hervorgegangen sind, wogegen andre wieder das Gegentheil behaupten und den meisten Militärärzten kaum eine ärztliche Durchschnittsbildung zusprechen möchten.
In einer weit einschneidenderen Weise ist die Verfassung des über 300 Jahre alten evangelischen Stifts in Tübingen eingerichtet, in welchem die Theologen (seit den letzten Jahren bei der geringen Neigung zu jenem Studium auch eine Anzahl Philologen) Aufnahme finden, einschneidender für die Verhältnisse des ganzen Landes, wie für die Hochschule Tübingen. Während der Stipendiat der Pepiniere sich erst als Primaner zu entschliessen hat, ob er das Friedrich-Wilhelmsinstitut besuchen will, findet
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/187&oldid=- (Version vom 17.8.2016)