auf dem Ministerposten zu erhalten, weshalb das Laviren, Gehenlassen, Friedenhalten mit den Machthabern, Unterdrücken der jüngeren Docenten zu Gunsten der einflussreichen Ordinarien, Hungernlassen der einflusslosen Lehrer und Geldvergeudungen an die Mächtigen zu den Haupttugenden solcher Staatsmänner zu gehören pflegen. In kleineren deutschen Ländern ist allerdings nicht selten dadurch ein importirtes Cliquenthum zur Gewalt gekommen, von dem doch als gelindester Vorwurf behauptet werden darf, dass es gewöhnlich ein sehr ungesundes sociales Leben wie eine Pest in die Hochschule eingeschleppt und auf die akademischen Verhältnisse bakterienartig übertragen hat. Wir wagen aber auch die These zu vertheidigen, dass dieses Cliquenthum im Durchschnitt gar nicht die Qualificirung, die Objectivität und den Takt besessen hat, um die Leitung der akademischen Verhältnisse zum Nutzen der Hochschule durchführen zu können. Ja, wir wagen sogar zu behaupten, dass durch diesen politischen Fanatismus stellenweise Leute in den Vordergrund geschoben sind, deren Thun und Treiben bereits längst die Grenzen überschritten hatte, innerhalb deren das liegt, was wir mit den Wirkungen einer normalen Vernunft für vereinbar zu halten pflegen. Ja, die politische Gehässigkeit der letzten Jahre hat auch scheinbar intactere Charaktere so verdorben, dass Professoren sich nicht entblödet haben, in der Tagespresse zu verleumden, ja dass sie heruntergesunken
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/164&oldid=- (Version vom 18.8.2016)