mit Stillschweigen übergangen zu werden pflegen. Ein Lieutenant wird geschildert, ohne der Lieutenantsfrau Erwähnung zu thun, ein Kaufmann ohne sein eheliches Gemahl, selbst eines Ministers Frau geht die Oeffentlichkeit wenig an, und wenn sie versucht hat, in den Beruf ihres Mannes hineinzupfuschen, wie die allbekannte prüde Gemahlin eines preussischen Ministers, so ist sie doch gewöhnlich der Lächerlichkeit verfallen. Ganz anders ist es bei den Professoren, wo die Professorenfrau in der That eine besondere Behandlung beanspruchen darf. Ist sie so klug, so hervorragend, so taktvoll, so ein- und umsichtig? werden hier viele fragen. Gewiss nicht. Auch in diesem Stande giebt es, wie in allen andern, dumme und kluge Frauen, taktlose und taktvolle, intriguante und harmlose, und gewiss in demselben Zahlenverhältniss, wie in den andern Ständen, aber diese Frau hat oft einen ungleich schwächeren Mann, als die Lieutenantsfrau oder die Kaufmannsfrau oder die Amtsrichterfrau, und deshalb wird ihr das eheliche Regiment leichter gemacht, und wo dies einmal vorhanden ist, ist der Grossmachtskitzel angeregt und kennt bei der Leidenschaft des Weibes keine Grenzen mehr, um mitzuherrschen und Einfluss zu gewinnen in allen Berufsfragen, in denen dem Mann eine entscheidende Stimme zukommt, d. h. zunächst in allen eine zweite Persönlichkeit betreffenden Angelegenheiten.
Fragen wir nun zunächst, durch welche Gründe
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/143&oldid=- (Version vom 18.8.2016)