Wöhlers: Der uns entgegenkommen? Ja, da kennen Sie ihn schlecht. Sie haben ja gesehen, wie frech er ist.
Pastor Meiling: Jaaaa – früher! Aber das sagt ja garnichts! Am Felsen der Kirche haben sich schon härtere und mächtigere Leute den Kopf eingerannt. Und – wie gesagt – zumal es ihm jetzt am Nötigsten gebricht. Und ich glaube Ihnen umso mehr zum Entgegenkommen raten zu sollen – natürlich immer vorausgesetzt, daß er sich unterwirft – als ich noch heute von Excellenz von Windstätten –
Wöhlers (lebhaft): Nun – ? Heute, sagen Sie, haben Sie mit ihm gesprochen?
Pastor Meiling: Heute Mittag.
Wöhlers (schnell): Und was sagt er?
Pastor Meiling (die Achseln zuckend): Ja – die Sache steht noch immer so, wie sie gestanden hat. Se. Hoheit der Herzog haben, wie immer bei Ernennungen und Dekorationen, so auch in Ihrem Falle die genausten Erkundigungen über die vorgeschlagene Persönlichkeit eingezogen und sind über das Ärgernis in Ihrer Familie – von dem er übrigens auch schon so gehört hatte – höchst indigniert gewesen. Seine Hoheit versteht nun einmal in Glaubensfragen keinen Spaß. Er würde sonst gegen Ihre Ernennung zum Commerzienrat und (mit Betonung:) gegen eine Dekoration nichts einzuwenden haben –
Wöhlers (ärgerlich): Aber ich kann doch nichts dafür, wenn meine Tochter mir davonläuft mit – mit so einem –
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/94&oldid=- (Version vom 31.7.2018)