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Seite:Ernst Die groesste Suende.djvu/75

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Magdalene: Vom Illustrierten Journal?

Wolfgang: Ja. – Ich mag’s garnicht öffnen.

Magdalene: Er ist so dick – das wird das Manuskript sein.

Wolfgang (zaghaft): Es können auch schon Abdrücke sein.

Magdalene: Aber dann hättest du doch eine Nachricht bekommen.

Wolfgang: Das ist nicht gesagt – sie kann ja auch verloren gegangen sein – – Na! (zerschneidet mit plötzlichem Entschluß das Band und reißt das Paket mit zitternden Händen auf. Er findet das Manuskript, läßt es auf den Tisch fallen und sinkt in seinen Stuhl.)

Magdalene (hat einen Blick über seine Schulter auf das Manuskript geworfen und wendet sich ab, das Taschentuch gegen die Augen drückend.)

Wolfgang (nimmt mechanisch das Begleitschreiben vom Tisch, überfliegt es und lacht kurz auf): Hm! –

Magdalene: Was schreiben sie?

Wolfgang (liest): „Hochgeehrter Herr! Ich habe Ihren Roman mit Entzücken gelesen und halte ihn für ein kleines Meisterwerk. Wenn ich ihn drucken könnte – wie gern! Aber wo denken Sie hin, Verehrtester! Viel zu kühn! Viel zu gedankenschwer! Wenn ich ihn heute drucke, haben wir morgen die Hälfte unserer Abonnenten verloren. Bedenken Sie: Wir sind ein Familienblatt.

In größter Hochschätzung etc. etc.“     

Magdalene: Also auch diese Hoffnung.

Wolfgang: Auch diese. (Läßt wie träumend den Brief aus den Händen fallen.)

Empfohlene Zitierweise:
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/75&oldid=- (Version vom 31.7.2018)