Wolfgang: Jahahaa – „Wenn Gott mit mir sein will und mich behüten will auf dem Wege, den ich reise, und Brot zu essen geben und Kleider anzuziehen, so soll der Herr mein Gott sein.“ Wenn er aber nichts hergiebt, dann hat er sich auch von mir nichts zu versehen, und ich werf ihn wieder in die Rumpelkammer. Menschen, Menschen, wo nehmt ihr nur den Mut her! An euren Jehovah nicht zu glauben, was braucht’s da für Courage – aber mit ihm zu schachern – dazu gehört ein erstaunlicher Mut! Dazu wäre er mir doch zu ehrwürdig. (Magdalenes Kopf zwischen seine Hände nehmend:) Menschenkind, wenn die Angst noch etwas in dir aufgewühlt hätte – wenn du noch einen Kampf gekämpft hättest, der im Drunter und Drüber etwas ans Licht geworfen hätte, was sich sehen lassen kann: so etwas wie einen neuen Glauben, und wäre er noch so blind und befangen – aber es ist nichts gewesen: ein bißchen Nervengethue – ein bißchen hysterischer Zufall. (Er ist aufgestanden; Magdalene hockt schweigend am Fußboden.)
Wolfgang (nachdem er ein paarmal das Zimmer auf- und abgeschritten, bei ihr stehen bleibend:) Weib – und um deinetwillen habe ich mich zu dem gemacht, was ich bin, um deinetwillen habe ich die Menschheit in mir besudelt. (Nahe ihrem Ohr:) Hast du jemals gehört von den Frauen, die ihren Leib, ihre Reize, ihr Schamgefühl verkaufen für Geld? Die die zärtlichsten, süßesten Gefühle beschmutzen mit dem Unrat Geld? Sieh, was diese Frauen
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/119&oldid=- (Version vom 31.7.2018)