Magdalene (nachdenklich): Dann war also auch diese Reise nicht zu vermeiden?
Scharff: Gewiß nicht. Aber wie kommen Sie auf diese Frage?
Magdalene: Sie ist uns etwas teuer geworden, diese Reise.
Scharff: Aber hören Sie! Fangen Sie mir nun nicht an, unser Werk wieder zu schanden zu machen. Ich dächte, Sie hätten alle Ursache, sich Ihrer Gesundheit zu freuen. In diesem behaglichen – prächtigen Heim –
Magdalene: Ja, – dieses behagliche, prächtige Heim – es gehört auch dazu.
Scharff: Wozu?
Magdalene: Zu dem Kaufpreis.
Scharff: Zu dem –? Hm – das verstehe ich nicht.
Magdalene: Ich glaube, Sie verstehen mich doch. – Jedenfalls sollen Sie mich verstehen! (Unruhig:) Ich muß es jemand anvertrauen; ich kann die Angst nicht mehr allein mit mir herumschleppen. Sie sind Wolfgang’s Freund – Ihnen darf ich es sagen.
Scharff (verlegen): Wenn ich Ihnen von Nutzen sein kann, Sie wissen –
Magdalene: Wolfgang hat – um meinetwillen – um mich vom Tode zu retten – seine Ehre, seine Überzeugung – ach – ich kann es nicht aussprechen, das abscheuliche Wort.
Scharff: Aber ich bitte Sie – um des Himmels willen –
Magdalene: Hören Sie mich. Sie wissen ja doch: als unser kleiner Richard starb – und ich gleich
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/103&oldid=- (Version vom 31.7.2018)