sahe, daß weder Ernst noch Spott den Grafen bewegen konnte, seine Liebe der Ehre nachzusetzen: versucht’ ich es, ihn in Harnisch zu jagen. Ich sagte ihm Dinge, über die er sich vergaß. Er stieß Beleidigungen gegen mich aus: und ich forderte Genugthuung, – und forderte sie gleich auf der Stelle. – Ich dachte so: entweder er mich; oder ich ihn. Ich ihn: so ist das Feld ganz unser. Oder er mich: nun, wenn auch; so muß er fliehen, und der Prinz gewinnt wenigstens Zeit.
Der Prinz. Das hätten Sie gethan, Marinelli?
Marinelli. Ha! man sollt’ es voraus wissen, wenn man so thöricht bereit ist, sich für die Großen aufzuopfern – man sollt’ es voraus wissen, wie erkenntlich sie seyn würden –
Der Prinz. Und der Graf? – Er stehet in dem Rufe, sich so etwas nicht zweymal sagen zu lassen.
Marinelli. Nachdem es fällt, ohne Zweifel. – Wer kann es ihm verdenken? – Er versetzte, daß er auf heute doch noch etwas wichtigers
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/67&oldid=- (Version vom 31.7.2018)