Appiani. Er ist mehr werth, als mein ganzes Leben. Aber schwanger mit so viel Glückseligkeit für mich, – mag es wohl diese Glückseligkeit selbst seyn, die mich so ernst, die mich, wie Sie es nennen, mein Fräulein, so feyerlich macht. – (indem er die Mutter erblickt.) Ha! auch Sie hier, meine gnädige Frau! – nun bald mir mit einem innigern Namen zu verehrende!
Claudia. Der mein größter Stolz seyn wird! – Wie glücklich bist du, meine Emilia! – Warum hat dein Vater unsere Entzückung nicht theilen wollen?
Appiani. Eben habe ich mich aus seinen Armen gerissen: – oder vielmehr er, sich aus meinen. – Welch ein Mann, meine Emilia, Ihr Vater! Das Muster aller männlichen Tugend! Zu was für Gesinnungen erhebt sich meine Seele in seiner Gegenwart! Nie ist mein Entschluß immer gut, immer edel zu seyn, lebendiger, als wenn ich ihn sehe – wenn ich ihn mir denke. Und womit sonst, als mit der Erfüllung dieses Entschlusses kann ich mich der Ehre würdig machen,
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/52&oldid=- (Version vom 31.7.2018)