ihren Wispern, aus ihren Mienen schloß ich es. – Was soll ich dir sagen, wenn du noch nichts weißt? – Was soll ich dir sagen, wenn du schon alles weißt? – Aber wir sind unschuldig. Ich bin unschuldig. Deine Tochter ist unschuldig. Unschuldig, in allem unschuldig!
Odoardo. (der sich bey Erblickung seiner Gemahlinn zu fassen gesucht) Gut, gut. Sey nur ruhig, nur ruhig, – und antworte mir. (gegen die Orsina) Nicht, Madame, als ob ich noch zweifelte – Ist der Graf todt?
Claudia. Todt.
Odoardo. Ist es wahr, daß der Prinz heute Morgen Emilien in der Messe gesprochen?
Claudia. Wahr. Aber wenn du wüßtest, welchen Schreck es ihr verursacht; in welcher Bestürzung sie nach Hause kam –
Orsina. Nun hab’ ich gelogen?
Odoardo. (mit einem bittern Lachen) Ich wollt’ auch nicht, Sie hätten! Um wie vieles nicht!
Orsina. Bin ich wahnwitzig?
Odoardo. (wild hin und her gehend) O, – noch bin ich es auch nicht.
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/125&oldid=- (Version vom 31.7.2018)