Marinelli. Ihren Brief? Doch ja; ich erinnere mich, daß er eines Briefes von Ihnen erwähnte.
Orsina. Nun? habe ich ihn nicht in diesem Briefe auf heute um eine Zusammenkunft hier auf Dosalo gebeten? – Es ist wahr, es hat ihm nicht beliebet, mir schriftlich zu antworten. Aber ich erfuhr, daß er eine Stunde darauf wirklich nach Dosalo abgefahren. Ich glaubte, das sey Antworts genug; und ich komme.
Marinelli. Ein sonderbarer Zufall!
Orsina. Zufall? – Sie hören ja, daß es verabredet worden. So gut, als verabredet. Von meiner Seite, der Brief: von seiner, die That. – Wie er da steht, der Herr Marchese! Was er für Augen macht! Wundert sich das Gehirnchen? und worüber denn?
Marinelli. Sie schienen gestern so weit entfernt, dem Prinzen jemals wieder vor die Augen zu kommen.
Orsina. Beßrer Rath kömmt über Nacht. – Wo ist er? wo ist er? – Was gilts, er ist in dem Zimmer, wo ich das Gequicke, das Gekreusche
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/102&oldid=- (Version vom 31.7.2018)