die Heide hatte manche Stätten, welche an schwedische Streifzüge gemahnten[1] aber diese Erinnerungen verblaßten oder erloschen; frisch erhielt sich nur eine bis auf unsere Tage: die Überlieferung, daß der erste Polenkönig aus sächsischem Stamme, Kurfürst Friedrich August I. selbst auf dem „Wilden Mann" geweilt und daß er das „Taubische Haus“ daneben erbaut habe[2]
Für die ganze Gegend hat die Volkssage die Erinnerung an August den Starken frisch erhalten, für das Haus an der Baumwiese sowohl, wie für den Erdmannsdorfischen Besitz hinter den Trachenbergen. August soll, so erzählt die Überlieferung, auf der Jagd verirrt, in dem Gasthaus hinter den Trachenbergen an der Rähnitzer Straße nahe den Oltersteinen eingekehrt und von der Wirtin „bis auf den letzten Heller“ ausgepfändet worden sein – daher der Name des Grundstücks. Daß der Fürst dort zu Gast gewesen, kann bei seiner Jagdlust, bei der Lage des Orts und seiner prächtigen Ausstattung als außer Zweifel stehend gelten.
Etwas von der Gunst
des Polenkönigs haftete gewiß
an dem Orte – vielleicht
ist es auch kein Zufall, daß
sogleich nach seinem Tode,
als die Besitzerin des schriftsässigen
Vorwerkes zum Wilden Mann,
Henriette von Benckendorff, die Tochter Lüder Hildebrands, 1733 um
Bestätigung der Privilegien bei der neuen Regierung
einkam, die Frage, ob die Schriftfässigkeit des Gutes zu
Recht bestehe, neben andern Schwierigkeiten aufgeworfen
und Rücksichten, welche bis dahin in der Besteuerung
des Vorwerkes geübt worden waren, beiseite gelassen
wurden[3].
Henriette von Benckendorff, die erste in der Reihe der Frauen, welche das Gut von nun an das Jahrhundert hindurch in Besitz hatten, überwand die Schwierigkeiten, die ihr in den Weg gelegt wurden. Das Getreide des Gutes war nicht in den Kurfürstlichen Schiffmühlen vermahlen worden, Henriette von Benckendorff entschuldigte es mit den besondern Verhältnissen der Gegend; es waren neue Flurstücke zu dem Vorwerk geschlagen worden, ohne daß für diese die Schriftsässigkeit nachgesucht und erworben worden war: Henriette von Benckendorff gab an (nach dem Kaufbuch von Trachau mit Unrecht)[4], daß nach 1722 nur ein von George Müller zu Stadt-Neudorf am 1.September 1725 erkauftes Stück feld hinzugekommen sei; es war kein Handwerks und Hausgenoffen Zins abgeführt worden: die Frau von Benckendorff wies darauf hin, „die Gebäude seien nicht so, daß daselbst viele Fabriqueurs, Handwerks-Leute und dergleichen Personen sich niederlassen konnten, es wären auch die Hausgenossen größten Theils ihre Domestiken, Brödlinge und Winzer, also nicht einmal in sensu proprio Hausgenossen“. Was die Erbgerichtsbarkeit des Vorwerks angehe, so erklärte sie, daß die „fructus“ derselben fast in nichts weiter bestünden, „als daß sie ihre Domestiquen, Winzer und Gesinde desto eher in Zaum halten könne und nicht allemal wegen der in der Wirthschaft vorfallenden Kleinigkeiten anderswo Klagen und Citationes ausbringen müsse“.
Das Vorwerk blieb schriftsässig, gleich den adligen Dörfern war es mit Kavallerieverpflegung belegt. Im Juni 1753 waren seine Felder der Schauplatz eines
großen „Campements“ der sächsischen Armee, deren Hauptquartier hierbei in Übigau war. Am 2. Juni
- ↑ Sarembas Heidekarte (Einl. von Heine 1890 S. 5) führt die Schwedenschanze und Schwedenschlucht in der Heide an. Der Pirschmeister Matthäus Schreyer, der ein Grundstück in den Trachenbergen besaß (Intraden), soll einer Bestattung durch schwedische Dragoner 1706 am Schwarzen Kreuz beigewohnt haben (ebenda S. 6). Der Volksmund nennt auch die Schanze zwischen Rähnitz und dem Heller eine „Schwedenschanze“.
- ↑ Uns der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts findet sich ein Riß unbekannter Herkunft der damals zum Wilden Mann gehörenden „Taubischen Berge“ im H.-St.-A, welchem Entwürfe zu Gartenanlagen mit Schloß, Kornhaus, Preffe, Stall usw. bei. gegeben find. (Rißchrank VIII Fach III Nr. 14.) Zu den Sagen von August dem Starken in dieser Gegend vgl. auch das in der Sonntagsbeilage zum Dresdner Unzeiger 1904 S. 187 Gesagte. Es finden sich dort die Sagen über die Oltersteine zusammengestellt.
- ↑ Coll. Schmid XXXII. 1073.
- ↑ Trachauer Kaufbud 1740 8.(III. 1745).
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/32&oldid=- (Version vom 16.9.2024)