an Böhmen grenzend und im steten Wechselverhältniß mit diesem Lande mußten für Sachsen die an jedem Tage neu eingehenden Nachrichten von dorther von dem größten Interesse sein. Bald brachten sie den Frieden mit, bald sprachen sie wieder lebhaft vom Kriege. Doch der Ausbruch des letzteren schien späterhin fast keinem Zweifel mehr unterworfen zu sein, und es wurden in Dresden alle Anstalten getroffen, um einer etwa eindringenden feindlichen Macht den gehörigen Widerstand zu leisten, vorher jedoch das Grüne Gewölbe und die Archive in Sicherheit gebracht[1]. Der Prinz Pontecorvo[2], der am 22. März in Dresden ankam, übernahm das Commando der dort zusammengezogenen Truppen und leitete die in und vor der Stadt angelegten Befestigungen. Aus Polen kehrte indes der König von Sachsen ebenfalls nach Dresden zurück[3], und durch schnelle Avancements wurden eine Zahl ausgezeichneter Krieger an die Spitze der sächsischen Armee befördert. So kriegerisch für Dresden alles dies schien, so wurden die Einwohner doch durch das Bekanntwerden der Versicherungen beruhigt, welche, wie man als gewiß erzählte, der Erzherzog Carl als Generalissimus der östreichischen Armee seiner Schwester, der Gemahlin des Prinzen Anton, gegeben haben sollte, daß nämlich die Einwohner Sachsens nicht das geringste zu befürchten hätten, da es die Absicht Oestreichs, im Fall der Krieg noch ausbräche, durchaus nicht sei, eine Armee oder auch nur ein Corps nach Sachsen marschiren zu lassen.
Die Oestreicher rückten in Bayern ein und erklärten den Krieg an Frankreich, und Napoleon bestimmte die sächsische Armee zu einem anderen Zwecke[4]. Am 13. April setzten sich daher alle Truppenabtheilungen von Dresden und der umliegenden Gegend aus in Marsch zu ihrer anderweiten Bestimmung, und der Plan, Dresden als einen festen Punkt zu behandeln, ward ohnstreitig, zur Schonung für die Stadt selbst, aufgegeben.
Durch diese neu eingetretenen Verhältnisse ward natürlich auch der sächsische Hof genöthigt, einen (Punkt) so nahe wie Dresden, der jetzt von aller Vertheidigung entblößt war, zu verlassen und begab sich nebst den sämmtlichen Kabinetskanzleien am 15. April[5] nach Leipzig.
In Dresden organisirte sich bald, besonders durch die thätige Mitwirkung des Bürgermeisters D. Heyme eine Bürgerwache, und theils auf die beschehenen Versicherungen, daß Sachsen östreichischer Seits gänzlich geschont werden solle, theils auf die militärische Lage dieses Landes selbst, welche das Einrücken einer Armee in dasselbe zwecklos scheinen ließ, sich verlassend, blieb die Stadt ziemlich beruhigt. Nach und nach rückten auch ungefähr 1 500 Mann sächsische Truppen, zuletzt unter dem Kommando des Obrist Thielmann stehend, wieder in Dresden ein.
Von der Grenze Böhmens lauteten die Nachrichten dagegen späterhin immer bedenklicher, und in der That zeigten sich auch in der Mitte des Monats Mai kleine Streifkorps von Peterswalde aus bei Höllendorf, Berggieshübel und in andern sächsischen Grenzorten, wo sie einiges Vieh mitnahmen und sonst allerhand Unfug trieben, auch, ziemlich sichern Nachrichten zu Folge, einen Uebergang über die Elbe unternehmen wollten. Um dies für die Zukunft zu hintertreiben, machte ein Theil des Thielmann’schen Korps einen Streifzug am 24. und 25. Mai bis hinter Peterswalde gegen Nollendorf, wo man auf eine Abtheilung östreichische Ulanen stieß, sie zerstreute und einen Offizier mit einigen Gemeinen zu Gefangenen machte.
Mit einem stärkeren Korps war indes der Herzog von Braunschweig-Oels nach Zittau in die Oberlausitz gerückt, hatte diese Stadt und die umliegenden Dorfschaften förmlich in Besitz genommen und schien sich dort festsetzen zu wollen. Der Obrist Thielmann zog also mit einem Theile seiner Mannschaft auch gegen diesen, verjagte ihn allerdings am 30. Mai aus Zittau, mußte aber, da der Herzog die Nacht drauf mit einer bedeutenden Uebermacht wieder anrückte, sich aus der Stadt ziehen, worauf der Herzog sich eine Kontribution von 6000 Thlr. von Zittau zahlen ließ und dann von selbst diesen Ort evakuirte. Der Obrist Thielmann hatte dies kaum erfahren, als er mit seinem Korps nach Rumburg in Böhmen marschirte und sich von den dortigen Kaufleuten einen Wechsel von 6000 Thlr. ausstellen ließ, um damit die Summe der in Zittau ausgeschriebenen braunschweigischen Kontribution zu decken. Ohnerachtet des früher gegebenen Versprechens rückte der Herzog von Braunschweig aber dagegen wieder in Zittau ein und erpreßte von dem dortigen Rathe einen Revers, um diesen Wechsel der Rumburger Kaufleute zu annulliren. Unterdes bezog das sächsische kleine Korps ein Lager in der Gegend Dresdens auf der Anhöhe von Korbitz.
Am 9. Juni kamen auf einmal von allen Grenzorten gegen Böhmen die Nachrichten an, daß sehr starke östreichische Kolonnen sich aus diesem Lande heraus in Marsch gesetzt hätten und bereits über Zinnwald bis Altenberg und in die Gegend von Dippoldiswalde vorgedrungen wären. Am Tage drauf bestätigten sich diese Nachrichten immer mehr, und man gab bereits das östreichische Korps auf 20 000 Mann an. Die sächsischen
Truppen, die zum Theil noch in Dresden gestanden
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/80&oldid=- (Version vom 5.9.2024)