Zum Inhalt springen

Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/159

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nach dem Siebenjährigen Kriege gerieth der Chevalier in den Verdacht, daß er an der Spitze einer polnisch-sächsischen Partei stände und nach der verlorengegangenen Krone Polens strebe. Dadurch kam er in eine unangenehme Stellung zu dem damaligen russischen Gesandten Grafen von Sacken, und das bestimmte ihn wohl, am 30. Januar 1770 die Kommandantenstelle niederzulegen. Er blieb aber Landzeugmeister und Präsident des geheimen Kriegsrathes und bezog das vom Oberlandbaumeister Friedrich August Krubsacius gebaute Palais auf der Zinzendorfstraße, welches ihm eigenthümlich gehörte. Außerdem besaß er noch zwei Häuser auf der jetzigen Landhausstraße[1]. Der Chevalier lebte nach seiner Abdankung in seinem Palais ganz zurückgezogen, verkehrte nur mit seinen Generaladjutanten von Sydow und von Dürrfeld, mit dem französischen Gesandten Graf de Buat und mit seiner Halbschwester, der Gräfin Moszinska geborenen Cosel. Am 25. Februar 1774, früh 1/2 6 Uhr, starb er, 69 Jahre alt, und wurde auf dem katholischen Kirchhofe zu Friedrichstadt bestattet. Sein Grabmal ließ im Jahre 1872 König Johann restauriren. Ein sehr gutes Bild des Chevalier de Saxe, gemalt von Louis de Sylvestre, befindet sich im königlichen Schlosse zu Dresden. Den größten Theil seines Vermögens erhielt der Malteserorden. Das Palais am Zeughause aber erbte der dritte Sohn des Königs August III., der Prinz Carl Christian Joseph, nachmals Herzog von Kurland, geboren am 13. Juli 1733.

Beim Ausbruch des Siebenjährigen Krieges ging Prinz Carl mit seinem Vater und dem Prinzen Xaver nach Warschau und später nach St. Petersburg. Hier gelangte er in die Gunst der Kaiserin Elisabeth und wurde auf deren Betrieb von den kurischen Ständen zu Mitau im Jahre 1750 an Stelle des vertriebenen Herzogs Biron zum Herzog von Kurland gewählt und hielt noch im selben Jahre seinen feierlichen Einzug in Mitau. Die Kaiserin Elisabeth starb aber bald; ihr Nachfolger, Peter III., setzte bereits im Jahre 1763 den Herzog Biron wieder ein und damit ging der kurische Thron für den Herzog Carl verloren. Er behielt aber den Titel Herzog von Kurland, residirte in seinem Palais am Zeughause zu Dresden und seitdem heißt dieses das Kurländische Palais. Herzog Carl stattete dasselbe mit großer Pracht aus und es galt damals für das schönste und elegantest eingerichtete Palais Dresdens. Seit jener Zeit hat es fast alles von seiner Pracht und Schönheit verloren und nur äußerlich seine ursprüngliche Gestalt behalten.

Der Herzog Carl war, wie Vehse sagt, ein gutmüthiger, aber sehr heftiger und derber Herr, ein ausgesprochener Freund des Neuen und Geheimen, der Wundermänner und Mystiker, sehr musikverständig und ein eifriger Pferde- und Hundeliebhaber. Seine Apanage von 48 000 Thalern und die große Erbschaft vom Chevalier de Saxe gestatteten ihm, einen sehr luxuriösen Haushalt zu führen. Wie bekannt, stand in der damaligen Zeit die Alchemie, Goldmacherei und Geisterbeschwörerei in hoher Blüthe. Die Alchemisten, Rosenkreuzer, Illuminaten etc. trieben ihr Wesen und verbreiteten überall Aberglauben und Verwirrung, meist in selbstsüchtiger Absicht. Man suchte nach dem Arkanum, Gold zu machen, oder ein Lebenselixir, welches Schönheit und Jugend verleihen konnte. Und wer angab, ein solches Mittel zu besitzen, der hatte Zulauf aus allen Schichten der Gesellschaft[2]. Oefters verkehrte Cagliostro im Palais des Herzogs; dessen besonderes Vertrauen genoß aber der ums Jahr 1730 in Nürnberg geborene Johann Georg Schröpfer.

Die Geschichte des Palais am Zeughause verlangt es, daß ich mich mit diesem Schwindler etwas ausführlicher beschäftige. Längere Zeit war Schröpfer Kellner in einem Leipziger Gasthause, in welchem eine Freimaurerloge ihre Zusammenkünfte hielt, dann diente er als preußischer Husar, kaufte sich später selbst eine Kaffeewirthschaft in Leipzig und trieb schwunghaften Handel mit einem Lebenselixir. Auch mit Schatzgräberei gab er sich viel ab, ebenso mit Geisterbeschwörung und citirte eines Tages der erstaunten Menge die Geister der Grafen Struensee und Brand. Besonders machte er aber von sich reden durch eine Geistercitirung, welche im großen Saale des Kurländischen Palais in einer Sommernacht stattfand. Der Herzog glaubte, und ganz allgemein wurde das damals in Dresden angenommen, daß im Kurländischen Palais oder dem dazu gehörigen Garten große Schätze aus der Zeit des Chevalier de Saxe verborgen seien, und um diese zu heben, sollte Schröpfer den Geist des Chevalier citiren. Dieser versprach es und soll ihm die Citation, wie erzählt wird, auch wirklich gelungen


    wurde beim Bombardement zerstört (dabei kam der Zieler Dierschling, seine Frau und zwei Dienstleute ums Leben). Der Graben wurde 1761 ausgefüllt und das Terrain geebnet; die Stadt schenkte es dem Chevalier, welcher nun die neuen Stall- und Wirthschaftsgebäude aufführen ließ, wie wir sie noch heute dem Polizeigebäude gegenüber längs der kleinen Schießgasse sehen.

  1. Das eine stand da, wo später das alte Amthaus stand; das zweite war das sogenannte Beichlingsche Haus, welches früher die Gräfin Cosel besessen hatte, später der Oberpostmeister Kees und von 1716 an Behrend-Lehmann, deshalb hieß es lange Zeit das Judenhaus.
  2. Bekannte Glücksritter der damaligen Zeit waren der Oberst Baron von Klettenberg, der als Betrüger entlarvt am 7. März 1720 auf dem Königstein enthauptet wurde; ferner der Graf von St. Germain, einer der frechsten Schwindler; desgl. Giusepe Balsamo, Conte Cagliostro, der besonders in Mitau sein Wesen trieb. Er war jedenfalls der intelligenteste und geriebenste Betrüger der damaligen Zeit, behauptete den Stein der Weisen zu besitzen, Todte erwecken zu können etc. Sein Lebenselixir ging reißend ab. Er starb 1795 im Gefängniß (vergl. Sierke, Schwärmer und Schwindler des 18. Jahrhunderts).
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/159&oldid=- (Version vom 26.10.2024)