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Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/363

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Verschiedene: Die zehnte Muse

Grüssen lassen.

Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute;
Mittagsglocken-Ton erklingt
Hell von jeder Seite.

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Geht ein schmucker Leutenant

Linden lang spazieren,
Röschen muss der Zufall ihm
Grad entgegen führen.

Leutnant, dem wie Wasser sonst

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Redensblumen spriessen,

Sagt, um doch nicht stumm zu sein:
»Fräulein, soll Sie grüssen!«

»Grüssen mich?« schön Röschen fragt,
Hemmend ihre Schritte,

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»Wer hat meiner wohl gedacht?

Sprechen Sie, ich bitte!«

»Fräulein«, sagt der Leutenant,
Schlenkernd seine Beine,
»Wer galant Sie grüssen lässt?

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Nun denn: Heinrich Heine.«


»Heinrich Heine? Wenn ich nur
Recht verstanden habe!
Heinrich Heine, werter Herr,
Ruht ja längst im Grabe!«

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Seines Schnurrbarts Spitzen dreht

Leutenant gewichtig,
Und sagt dann voll Majestät:
»Fräulein, das ist richtig.

Doch er sagt in einem Lied,

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Einem zarten, süssen:

Wenn Du eine Rose siehst,
Sag’, ich lass sie grüssen!« –


Emil Barthel.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/363&oldid=- (Version vom 28.8.2024)