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Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/334

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Verschiedene: Die zehnte Muse

Er sprach poetisch vom wehenden Rauch

10
Und wie die Zeiten brausen –

Sie hatte ’ne Tante, die »dichtete auch«
Und wohnte in Sangerhausen.

Und als die Sonne im Westen verschwamm,
Da pries er’s in köstlichen Worten –

15
Sie hatte ’nen Vetter in Heiligendamm,

Der beinahe Maler geworden.

Und als er vom Fahren ins Weite sprach,
Wie nickte am Hütchen die Feder!
Sie hatte ’nen Onkel in Offenbach,

20
Der reiste seit Jahren in Leder.


Die Sterne sandten vom Himmelszelt
Verwirrendes Schelmengefunkel –
Sie hatte die Heizung abgestellt,
Er schraubte die Lampe auf »dunkel«.

25
Sie sassen so dicht, und sie sagten kein Wort,

Und sie hörten die Herzen schlagen –
Der Schaffner qualmte geschenkte »Import«
Im Dienst-Abteil mit Behagen.

Sie dachten so viel, und sie sprachen’s nicht aus,

30
Sie sahen die Lichtchen blinken

Vorüberfliegend am Wächterhaus –
Die Linke ruht’ in der Linken.

Die Rechte hielten sie beide steif
Und den Handschuh darauf zur Verzierung –

35
Am vierten Finger der glatte Reif

Trug peinliche Innen-Gravierung …


Rud. Presber.




Im Dialekt.

Es ist um Sonnwendzeit; auf allen Wiesen
Steht noch der erste hohe Blumenflor;
Die Glocken lugen aus dem Gras hervor,
Die Heckenrosen überm Wege spriessen,

5
Und fröhlich zieht die Herde mit Geläut

Zur Alm in blaue, stumme Einsamkeit.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/334&oldid=- (Version vom 31.7.2018)