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Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/288

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Verschiedene: Die zehnte Muse

Die Uhr.

Im Café am Potsdamerplatz,
Wo die Menschen vorüberfluten,
Wo sich staut die treibende Menge,
Sitze ich oft, seitab vom Gedränge,

5
Wärme mich in den Sonnengluten,

Lasse die Blicke hinübergleiten,
Sehe die Mädel vorüberschreiten,
Sei es allein auf flüchtigen Sohlen,
Sei es heimlicherweise, verstohlen,

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Wenn sie erwarten den Freund, den Schatz

An der Normaluhr zum Stelldichein …
Schräg gegenüber im Sonnenschein
Blinkt das Zifferblatt über den Platz …

Sass ich dort oft wohl eine Stunde,

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Blickte träumend rings in die Runde:

Immer wenn es ein Viertel war,
Traf sich dort drüben ein liebendes Paar.
Und so ging es die Viertel fort,
Als gäbe es gar keinen anderen Ort,

20
Zu treffen sich in der Riesenstadt,

Als das einzige Zifferblatt!

So gegen 7 erschien dann immer
Ein kleines, niedliches Frauenzimmer,
Ein blutjunges, frisches, herziges Ding.

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Trippelnd auf und nieder sie ging,

Aeugte verschämt nach allen Seiten.
Immer scheu im Vorüberschreiten
Sah sie zur Uhr, bis endlich er kam
Und sie am Arme mit sich nahm.

30
Er war gross und schlank von Gestalt,

Zwanzig und etliche Jahre alt.
Blonder Schnurrbart und blondes Haar:
Es war ein hübsches, ein stattliches Paar.
Das erste Mal, als ich sie gesehen,

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Blieben sie eine Weile stehen:

Förmlich war er zu ihr und gemessen,
Hatte zu grüssen auch nicht vergessen!
Langsam darauf davon sie schritten,
Nebeneinander … nicht eingehenkt,

40
Seite nicht an Seite gedrängt,

Als ginge die Mutter in ihrer Mitten!

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/288&oldid=- (Version vom 31.7.2018)