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Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/234

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Verschiedene: Die zehnte Muse

Ich winde dem Dunkelgelock den Kranz;
Die Blättlein sind von Sternenglanz

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Versilbert ganz.


Ich habe Rosen zu Ketten gereiht,
Die leg’ ich reich um Nacken und Kleid
Der armen Maid.

Da sagt sie leis’: »Mein Wildgesell,

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Die Nacht ist warm, die Nacht ist hell,

Mein Blut geht schnell.«

Und schauernd sinkt sie an mich hin –
Da fliegt mir ein altes Lied durch den Sinn:
Dass ich König bin!

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Mein Tag ist arm, die Nächte reich –

Zwei Arme sind mein Himmelreich,
So heimlich weich.

Was thut’s, dass ich Tages betteln muss,
Wenn solches Kosen, solcher Kuss

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Der Nächte Schluss?!


Sie schaut mich mit goldnen Augen an –
Da ist’s um allen bösen Wahn
Und Leid gethan.

Es wachen die Sterne am Wolkensaum,

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Und leise sinkt von Hecke und Baum

Ein Blütenflaum …

Nun ruhe, von Knospen und Mondschein bedeckt,
Bis der Tag mit frühem Wind dich neckt
Und mein Kuss dich weckt …


Alberta von Putkamer.




Zigeuner.

Meine Mutter, die braune Zigeunerin,
Die führte mich an der Hand,
Sie schritt wie eine Königin
So stolz im Bettlergewand.

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Als ich einmal sie fragte,

Wer denn mein Vater sei,
Da seufzte sie und sagte:
»Sieh, dort zieht er vorbei!«

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/234&oldid=- (Version vom 31.7.2018)