Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Ich winde dem Dunkelgelock den Kranz;
Die Blättlein sind von Sternenglanz
Ich habe Rosen zu Ketten gereiht,
Die leg’ ich reich um Nacken und Kleid
Der armen Maid.
Da sagt sie leis’: »Mein Wildgesell,
Mein Blut geht schnell.«
Und schauernd sinkt sie an mich hin –
Da fliegt mir ein altes Lied durch den Sinn:
Dass ich König bin!
Zwei Arme sind mein Himmelreich,
So heimlich weich.
Was thut’s, dass ich Tages betteln muss,
Wenn solches Kosen, solcher Kuss
Sie schaut mich mit goldnen Augen an –
Da ist’s um allen bösen Wahn
Und Leid gethan.
Es wachen die Sterne am Wolkensaum,
Ein Blütenflaum …
Nun ruhe, von Knospen und Mondschein bedeckt,
Bis der Tag mit frühem Wind dich neckt
Und mein Kuss dich weckt …
Zigeuner.
Meine Mutter, die braune Zigeunerin,
Die führte mich an der Hand,
Sie schritt wie eine Königin
So stolz im Bettlergewand.
Wer denn mein Vater sei,
Da seufzte sie und sagte:
»Sieh, dort zieht er vorbei!«
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/234&oldid=- (Version vom 31.7.2018)