Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Der Baron fuhr Schnellpost zur Hölle,
Weil er als leidiger Junggeselle
Oft in schlechten Häusern gewohnt
Und nur selten die Tugend geschont.
Wandelt’ auf Wegen sternenklar
Mit der Engel Empfehlung versehen
Ueber die himmlischen Wolkenhöhen.
Petrus grüsst’ mit dem Heil’genschein,
Seltsam, der Kömmling (es hiess, er sei schüchtern,
Aeusserst moralisch und immer nüchtern!)
Wollt’ Sankt Peter zu seinem Entsetzen
Irdische Mikoschwitze versetzen,
Und macht der heil’gen Cäcilie „Kieks“.
Und als er die heil’ge Veronica
In frommer Erbauung wandeln sah,
Hat er ihr – ob Ihr das glauben mögt –
Und geflüstert: „Was soll nu das Zimpern und Zieren,
Kleine Krabbe, komm’, geh’n wir soupieren!“
Petrus, als er den Schaden gewahrt,
Rauft sich wütend den silbernen Bart:
Und hier oben die Ordnung halten,
Wenn da unter den Wolken die
In der Berliner Anatomie
Biedermännern, die aufersteh’n,
Durch Schleuderarbeit und Uebereilen
Das falsche Herz in den Brustkorb keilen!“
Das hörte der Teufel und seufzte und sprach:
„Ach ja, Sankt Peter, das fühl’ ich dir nach.
Der verdirbt in der Hölle den ganzen Ton.
Ich hatt’ mich gefreut auf den leckern Braten;
Jetzt sitzt er da und gibt um zu raten
Knackmandeln für Kinder und Rösselsprünge
Und erzählt Geschichtchen für Gross und Klein
Aus dem Evangelischen Jünglingsverein.“
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/213&oldid=- (Version vom 31.7.2018)