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Seite:Die geschichtliche Entwicklung des Thierschutzes.pdf/15

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Je mächtiger die Römer nach aussen wurden, desto mehr verwilderten ihre Sitten.

Wie hätte auch eine andere Rechtsauffassung Platz greifen können zu einer Zeit, die sogar dem hilflosen Menschen gegenüber rohe Willkür gestattete und im Sclaven nicht ein Rechtssubject, sondern nur ein Rechtsobject sah.

Erst das Christenthum, welches überall, wo es sich ausbreitete, die Sclavenketten der Menschheit zerriss, brachte auch über die Stellung des Menschen zur Thierwelt eine mildere Anschauung zur Geltung. Zwar hat der Stifter der christlichen Religion besondere Hinweise über den Thierschutz nicht gegeben; es waren solche aber auch nicht nothwendig, da Christus seine Lehre auf dem alten Testamente, welches, wie wir oben gesehen haben, bereits verschiedene thierschützerische Vorschriften enthielt, auf baute, und überhaupt der ganze Geist des Christenthums von selbst zur Milde und Schonung hinleitet. Die Worte des Heilands: „Sehet die Vögel unter dem Himmel an, sie sähen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen und euer himmlischer Vater nähret sie doch“, und an anderer Stelle: „Ohne den Willen eures himmlischen Vaters fällt kein Sperling vom Dach“ sagen uns deutlich, dass auch die vernunftlose Creatur unter den Schutz Gottes gestellt ist.

Aber auch aus der Zeit nach Christo fehlt es nicht an Beweisen thierfreundlicher Gesinnung.

Jemen, das heutige Arabien, wurde im 6. Jahrhundert nach Christi Geburt von einem christlichen, unter der Botmässigkeit der Abessinier stehenden Völkerstamme, den Himjariten, bewohnt. Während der Regierung des Vicekönigs Abraha, 537–570 n. Chr., wurden die Gesetze der Himjariten durch deren Erzbischof Gregentus in Taphra zu einem in griechischer Sprache verfassten Codex vereinigt.

Derselbe enthät in den Titeln XI und XIV sehr beachtenswerthe Strafandrohungen gegen Thierquälerei. So heisst es in Titel XIV:

„Diejenigen, welche ihre Zug- und Lastthiere im Zorne unbarmherzig schlagen; sollen, wenn sie dabei betroffen werden, dreissig Hiebe erhalten, damit sie durch eigenes Leiden erfahren, wie schmerzlich eine grausame Behandlung ist; denn auch die Thiere, wenn sie gleich nicht sprechen und sich beklagen, fühlen wie wir, wenn sic geschlagen werden.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Schaefer: Die geschichtliche Entwickelung des Thierschutzes. Verlag des Vereins zum Schutze der Thiere, Dresden 1889, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_geschichtliche_Entwicklung_des_Thierschutzes.pdf/15&oldid=- (Version vom 5.9.2024)