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Seite:Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen.pdf/90

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Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen

Im Jahre 1884 betrug bei den normalspurigen Bahnen zusammen der zur Verzinsung des Anlagekapitals erzielte Werth 40,77 pCt. der Bruttoeinnahme, bei den schmalspurigen Bahnen dagegen 36,24 pCt. Den hiernach verbleibenden Theil von 59,23 bezw. 63,76 pCt. nahmen die Betriebskosten in Anspruch.

Die gegen Ende des Jahres 1884 eröffneten vier schmalspurigen Bahnen haben zur Zeit einen noch schwachen Verkehr. In dem obengenannten Ergebniss für das Jahr 1884 (von 36,24 pCt.). kam ihr Einfluss – da dieselben durchgehends erst in den letzten Monaten des genannten Jahres dem Betrieb übergeben wurden – nur auf einen verhältnissmässig kleinen Jahrestheil zur Geltung. Wäre ihre volle Jahreswirkung auch bei dem Ergebniss des Jahres 1884 mit berücksichtigt worden, so würde sich dieses nach den jetzt vorliegenden Berechnungen für das Jahr 1885 auf 27,3 pCt. abmindern, denn die Betriebskosten würden in diesem Falle 72,7 pCt. der Bruttoeinnahme – für alle sechs schmalspurigen Linien zusammengenommen – ergeben. Dies ist ein Rentabilitätsergebniss, wie es beispielsweise im Jahre 1884 bei der älteren Flöha-Annaberger Linie mit einem mittleren Verkehr bestand.

Wie schon im Abschnitt I hervorgehoben ist, entspringen die Verkehrseinnahmen der schmalspurigen Sekundärbahnen in ihrer Gesammtheit zur Zeit fast zu gleichen Theilen aus dem Personen- und Güterverkehr. Das spezielle Verhältniss beider Verkehre zu einander ist abhängig von den verschiedenen Verkehrsbedürfnissen und daher zeitlich und örtlich wechselnd.

Neue Bahnlinien finden in der Regel, wenn sie nicht ledig lich zur Abfuhr von vornherein bestimmter, an gewissen Orten vorhandener Massengüter dienen, wie dies z. B. bei den Kohlenbahnen in der Regel der Fall ist, zunächst einen verhältnissmässig schwachen Güterverkehr vor, so dass öfters die Personenverkehrseinnahmen – selbst bei nur gewöhnlicher Frequenz – die Einnahmen aus dem Güterverkehr übersteigen, oder doch wenigstens diesen Einnahmen sehr nahe kommen. Dies ist zwar an sich kein günstiges Verhältniss, aber eine ganz natürliche Erscheinung, denn während der Personenverkehr in der Hauptsache sofort von der neuen Bahn angezogen wird, müssen sich die gewerblichen Unternehmungen an der neu entstandenen Bahnlinie erst nach und nach auf die Benutzung der Bahn und die hiermit in der Regel verbundene Produktionssteigerung einrichten. Hieraus ist es zu erklären, dass der Frachtenverkehr in der Mehrzahl der Fälle erst einige Jahre nach der Eröffnung der Bahn zunimmt.

Die Ertragsfähigkeit der Bahnen in abstracto hängt vorwiegend von zwei Hauptfaktoren ab, erstens von dem vorhandenen Verkehrsbedürfniss und zweitens von den Tarifen.

Beide stehen insofern mit einander in ursächlichem Zusammenhange, als niedrige Tarifsätze unter normalen Verhältnissen eine vermehrte Frequenz erzeugen; die öftere Wiederkehr des Transportbedürfnisses wird hierdurch gefördert. Dies wird beispielsweise bestätigt durch die Personen-Verkehrsbewegung der neueren Zeit, welche durch die mannigfachen Begünstigungen, die namentlich innerhalb des letzten Jahrzehnts dieser Verkehrsbranche zu Theil geworden sind, ganz ausserordentlich an Umfang gewonnen hat. Vor wenig Jahren berechneten sich auf jeden Kopf der Bevölkerung Sachsens alljährlich durchschnittlich 6 Eisenbahnfahrten. Im Jahre 1884 ist dieser Durchschnitt auf 7 Fahrten oder um 17 pCt. gestiegen.

In höherem Masse noch tritt diese belebende Wirkung beim Güterverkehr hervor, zumal hier nicht nur jede Erleichterung und Verbesserung des Verkehrswesens, sondern auch jeder Fortschritt auf dem Gebiet der Produktion selbst vortheilhaft auf den Güterumlauf wirkt.

In folgendem sind die finanziellen Ergebnisse der im Jahre 1884 voll im Betrieb gewesenen zwei normal- und zwei schmalspurigen Sekundärbahnen im Vergleich mit den wichtigsten Durchschnittsergebnissen des Gesammtbahnnetzes rechnungsmässig dargestellt:

Einnahme, Ausgabe, Ueberschuss, Rentabilität im Betriebsjahre 1884.
  Pirna-
Berggiesshübel
Johanngeorgenst.-
Schwarzenberg
Wilkau-
Saupersdorf
Hainsberg-
Kipsdorf
Ergebnisse
aus der
Gesammtheit der
Staatsbahnen
14,92 km 17,38 km 10,05 km 25,74 km
Mark
Einnahmen.          
Aus dem Personen- und Gepäckverkehre 38 202,72 33 659,92 31 628,11 85 080,41
Aus dem Güterverkehre 81 366,24 53 290,84 50 206,03 49 107,21
Vergütung für Ueberlassung von Bahnanlagen
und für Leistungen zu Gunsten Dritter
5,23 21,19 259,42
Vergütung für Ueberlassung von Transportmitteln 1 142,58 897,39 56,00 60,00
Erträge aus Veräusserungen 14,32 49,25 3,87 1 238,42
Verschiedene sonstige Einnahmen 17 929,63 2 273,80 1 046,55 1 737,89
zusammen 138 660,72 90 192,39 82 940,56 137 483,35
  Durchschnittlich pro Kilometer Bahnlänge 9 293,61 5 204,41 8 252,79 5 341,23 31 445,48
  Durchsc"nittlich  0"0 Nutzkilometer 3,6313 1,7820 2,4389 2,1184 3,9695
  Durchsc"nittlich  0"0 Wagenachskilometer 0,2330 0,1863 0,1261 0,1131 0,1090
Ausgaben.          
Besoldungen und Gehalte der etatmässigen Beamten 11 621,41 18 887,76 11 296,68 17 706,02
Andere persönliche Ausgaben 12 756,68 16 684,40 23 887,63 26 746,53
Allgemeine Kosten 1 273,20 1 378,06 1 296,01 1 578,59
Kosten der Unterhaltung der Bahnanlagen 4 578,24 7 257,80 5 036,54 7 320,22
Kosten des Bahntransports 6 662,89 10 415,88 6 670,10 14 198,99
Kosten für Erneuerung bestimmter Gegenstände 6 971,14 4 544,28 4 328,12 10 697,32
Kosten für erhebliche Ergänzungen,
Erweiterungen und Verbesserungen
3 008,76
Kosten für Benutzung fremder Bahnanlagen,
beziehungsweise Beamten
11,13 10,46 16,79
Kosten der Benutzung fremder Transportmittel 1 652,13 1 296,51
zusammen 45 515,69 60 745,82 55 534,30 78 264,46
  Durchschnittlich pro Kilometer Bahnlänge 3 050,65 3 489,66 5 525,80 3 040,58 18 626,46
  Durchsc"nittlich  0"0 Nutzkilometer 1,1920 1,1949 1,6330 1,2059 2,3513
  Durchsc"nittlich  0"0 Wagenachskilometer 0,0765 0,1249 0,0844 0,0644 0,0646
Prozente der Bruttoeinnahme 32,825 67,052 66,957 56,927 59,234
Empfohlene Zitierweise:
Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen. Druck von H. S. Hermann, Berlin 1886, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sekund%C3%A4r-Eisenbahnen_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen.pdf/90&oldid=- (Version vom 4.4.2025)