![]() |
Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen |
|
inneren Raume Luft und Licht zuführen. Die an den Langseiten des Wagens angebrachten grossen Fenster sind so eingerichtet, dass dieselben nur zur kleineren Hälfte in die Seitenwand herabgelassen werden können, so dass die Reisenden gegen Verletzungen infolge Hinausbeugens des Oberkörpers geschützt sind.
Die zweiachsigen Personenwagen haben eine Gesammtlänge von 6,52 m und einen Radstand von 3,8 m. Sie enthalten ausser den sechs Stehplätzen auf den beiden Plattformen entweder 16 Sitzplätze III. Klasse oder 10 Sitzplätze III. Klasse und in einem durch Scheidewand getrennten Raume 6 Plätze II. Klasse. Der mittlere Sitz dieser beiden Sitzreihen (in der II. Klasse) ist zum Aufklappen eingerichtet, so dass die Passagiere – falls nur vier Personen oder weniger in dieser Abtheilung fahren – sich auch in der Richtung bezw. in der Gegenrichtung des Zuges setzen können. Die Sitzplätze und Rücklehnen der II. Klasse bestehen aus leichten, mit Rohrgeflecht überspannten Holzrahmen; die vier Ecksitze sind mit Rosshaarkissen belegt. Die Sitzbänke der III. Klasse sind ans Eschenholzlatten hergestellt. Durch Einlagen von Polsterkissen werden die Abtheilungen III. Klasse nach Bedarf in Abtheilungen II. Klasse umgewandelt; in diesem Falle wird die äussere Klassenaufschrift des Wagens durch ein überzuhängendes Schild entsprechend abgeändert.
Die Beleuchtung der Personenwagen erfolgt durch in den Stirn- bezw. Scheidewänden angebrachte Oellampen. Die Heizung geschieht durch Oefen, deren Aufstellung nach Bedarf durch Herausnahme je eines Sitzes ermöglicht wird.
Das Eigengewicht eines zweiachsigen Personenwagens mit Bremse beträgt 2575 kg und ohne Bremse 2450 kg. (Taf. III Fig. 2.)
Die vierachsigen Personenwagen besitzen eine Gesammtlänge von 10,62 m; je zwei Achsen haben ein in einem Kugelzapfen drehbares Untergestelle. Der Radstand der Drehgestelle beträgt 1,3 m, die Drehzapfenentfernung 6,5 m. Der Wagen enthält 6 Plätze II. Klasse, 27 Plätze III. Klasse und 6 Stehplätze auf den Plattformen; sein Gewicht beträgt 4750 kg. (Taf. III Figur 1.)
Während des Sommers läuft auf der Linie Hainsberg-Kipsdorf noch ein 4-achsiger Aussichtswagen mit 36 Sitzplätzen und 2 Plattformen. Von den 4 Achsen sind je 2 in einem Gestelle vereinigt, welches in einem Zapfen drehbar ist. Der Radstand der Gestelle beträgt 1,3 m, die Drehzapfen-Entfernung 7,1 m, die Gesammtlänge zwischen den Buffern 10,62 m, die äussere Kastenlänge 8,3 m, die Breite 1,71 m. Der Wagen hat Bremseinrichtung und wiegt 4750 kg.
Die Langseiten sind mit je 10 Glasfenstern ausgestattet, wobei die freie Aussicht durch Einschränkung der Stärkendimensionen der Säulen und Rahmen thunlichst gewahrt worden ist. Die Plattformen sind bis zur Fensterhöhe des Wagens mit verschliessbaren Seitenthüren versehen. Das Innere des Wagens ist derartig eingerichtet, dass die beiden Endabtheilungen von je 2,47 m Länge ohne Stirnwände sind und mit der äusseren überdeckten Plattform zusammen je einen offenen Raum bilden, in welchem Stühle aufgestellt werden. Der mittlere Raum von 3,2 m Länge hat den gleichen Oberlichtaufbau wie die übrigen Personenwagen, ist nach beiden Seiten durch Zwischenwände mit Schiebethüren abgeschlossen und hat an den Langseiten feste Bänke.
Neben den Personenwagen werden im Bedarfsfalle aushilfsweise auch offene Güterwagen zur Personenbeförderung verwendet. Zur Sicherung der Reisenden werden die Bordwände diesfalls durch abnehmbare Lattenaufsätze erhöht, sowie die Klappthüren durch leichtbewegliche Lattenthüren ersetzt und durch Anbringen von Fusstritten bequem zugänglich gemacht.
Zur Erleichterung des Umsteigens von einem Wagen zum andern sind für das Fahrpersonal Tritte an den äusseren und inneren Seiten der Stirnwände der Fahrzeuge angebracht.
Die bedeckten Güterwagen mit zwei Lenkachsen haben
eine Gesammtlänge von 6,48 m und 3,8 m Radstand. Der Kasten
ist 5,8 m lang, hat 9,0 qm Bodenfläche und 15,72 cbm Fassungsraum.
Die Thüren befinden sich in der Mitte der Längsseite.
Die Wagen haben 5 000 kg Tragfähigkeit und wiegen mit Bremse
2 600 kg, ohne Bremse 2 275 kg. (Taf. IV Fig. 1.)
Ausserdem ist noch eine ältere Konstruktion dieser Wagen mit gleicher Tragfähigkeit in Verwendung; diese besitzen nur eine Gesammtlänge von 4,78 m, 2,7 m Radstand, 4,05 m Kastenlänge, 6,4 qm Bodenfläche, 11,17 cbm Fassungsraum und 2 100 kg bezw. 1 925 kg Eigengewicht, je nachdem die Wagen mit Bremsvorrichtung versehen sind oder nicht.
Die mit zwei Lenkachsen versehenen offenen Güterwagen haben dieselbe Gesammtlänge und denselben Radstand wie die an erster Stelle beschriebenen bedeckten Güterwagen, die Bodenfläche beträgt 9,3 qm, die Höhe der Bords 0,75 m, der kubische Inhalt 6,94 cbm. Die Wagen haben 5 000 kg Tragfähigkeit und ein Eigengewicht von 2 375 kg einschliesslich der Bremse. Die Seitenthüren haben die Form von Klappen mit oben liegenden Charnieren und unten angebrachtem Verschluss; der Verschluss erfolgt durch das Anlegen zweier Knaggen, die an einer durch einen Handhebel zu bewegenden Welle angebracht sind. Die Thüren können sowohl aufgeklappt als auch ganz ausgehoben werden. (Taf. IV Fig. 2.)
Die offenen Wagen werden auch zum Viehtransport benutzt; zu diesem Zwecke werden die Bordwände durch Aufsatzbords um etwa das Doppelte erhöht. Bei ihrer Verwendung zu Kalktransporten werden diese Wagen mit Klappdeckeln versehen.
Die Wagen zum Langholztransport sind mit Lenkschemel versehen, haben zwei steife Achsen mit 1,5 oder 1,2 m Abstand, 5 000 kg Tragfähigkeit und 1200 kg Eigengewicht. (Taf. V Fig. 2.)
Die Düngertransportwagen haben zwei Lenkachsen und besitzen in dem kesselartigen Behälter einen Raum für 5 000 kg flüssiger Düngstoffe. Die Wagenlänge beträgt 4,78 m, der Radstand 2,70 m und das Eigengewicht 3 025 kg. Von solchen Wagen sind zur Zeit nur zwei Stück vorhanden, die auf der Linie Klotzsche-Königsbrück verwendet werden. Die umsetzbaren Kessel dieser Wagen werden mittelst des auf der Station Klotzsche vorhandenen Hebekrahnes zu je zweien auf die normalspurigen Wagen verladen und sodann auf der Hauptbahn weiterbefördert. (Taf. V Fig. 3.)
Dieser Hebekrahn dient anch zur Ueberladung von abnehmbaren Wagenkästen, welche nach Form und Grösse den gewöhnlichen bedeckten und offenen Wagenkästen der normalspurigen Wagen gleichen und für die Beförderung solcher Güter, die – wie z. B. Topfwaaren, welche das Umladen nicht gut vertragen – im Uebergangsverkehre nach und von der Normalbahn verwendet werden. Die Umsetzung dieser Wagenkästen erfolgt dergestalt, dass der Kasten von seinen Drehgestellen, mit welchen er durch je einen Zapfen verbunden, mittelst der Laufwinden seitwärts nach einem Parallelgleis verschoben und auf die dort stehenden Auswechselungs-Drehgestelle heruntergelassen wird. (Taf. VI Fig. 2.)
Als Unterwagen zum Transport der Wagenkästen auf Normalspurbahnen dienen ältere zweiachsige Untergestelle; dieselben sind so eingerichtet, dass je zwei davon einen Setzkasten tragen. Für die schmalspurige Bahn wurden Untergestelle mit steifen Achsen, nur einseitiger Buffervorrichtung, je 1,2 m Radstand, 5 000 kg Tragfähigkeit und einem Eigengewicht von 980 kg hergestellt.
Ein umsetzbarer bedeckter Wagenkasten hat 4 000 kg Eigengewicht, 21,0 qm Bodenfläche und 40,37 cbm Fassungsraum.
Ein Setzkasten nach Form der offenen Wagen wiegt 2 900 kg, hat 20,74 qm Bodenfläche und 12,34 cbm Fassungsraum. (Taf. V Fig. 1.)
Eine anderweite Lösung der Frage, die Umladung der Güter beim Uebergange von der normalspurigen auf die schmalspurige Bahn oder umgekehrt zu vermeiden, ist durch
Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen. Druck von H. S. Hermann, Berlin 1886, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sekund%C3%A4r-Eisenbahnen_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen.pdf/42&oldid=- (Version vom 26.2.2025)