Bedenken wir sodann, daß diese Epidemie eine gewisse Regelmäßigkeit in ihrem Gange zeigte, die sich durch deutliche Stadien der Invasion, des Ausbruches, der Zunahme und der Coction offenbarten, so müssen wir ihr auch deswegen eine contagiöse Kraft beilegen, weil wir sehen, daß ein Aehnliches überhaupt mit den Contagien der Fall ist. (Vergleiche Brera Seite 294.)
Zu diesen, auf die Gesetze der Analogie gebauten Schlüssen füge ich noch die häufige Beobachtung, daß, wenn die Krankheit sich in einer Wohnung eingefunden hatte, bald nach einander das ganze Gesinde erkrankte, wodurch man nothwendig noch mehr Glauben an die Contagiosität bekommen muß.
Wenn wir nun noch die Bemerkung hinzuzunehmen, daß auch am Ende des Jahres noch viele von der Krankheit befallen wurden, als die große Hitze und mit ihr also auch die Entwickelung des Miasma schon lange aufgehört hatte, wo also für die Verbreitung nur das einzige Mittel der Ansteckung übrig blieb, so muß die Ungewißheit über die Contagiosität der Krankheit wohl völlig verschwinden.
Fragt man, welches denn das eigentliche Vehikel der Ansteckung gewesen, so möchte ich glauben, daß die durch das Brechen und den Stuhlgang ausgeleerten Stoffe, vielleicht auch die Ausdünstungen der Haut als die Träger der Ansteckung zu betrachten seyen, und daß diese, wie gesagt, im Anfange der Krankheit eine größere Intensität gehabt hätten, als im spätern Verlaufe,
Nicolaus Dohrn: Die Küstenepidemie von 1826 insbesondere in Norderditmarschen. J. F. Hammerich, Altona 1827, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kuestenepidemie_von_1826_insbesondere_in_Norderditmarschen.pdf/36&oldid=- (Version vom 31.7.2018)