und Mördern der Juden hielt Bernhard das Verfahren der Kirche vor Augen, welche Jahr für Jahr vom Aufgang bis zum Niedergang ihre Gebete um die Bekehrung jenes blinden Volkes Gott darbringe, damit endlich die Decke des Unglaubens von den Augen desselben weggenommen werde.
Ein Jude, welcher in einem von ihm verfaßten Tagebuch angiebt, er habe als dreizehnjähriger Knabe die Verfolgung der Juden im Jahre 1146 miterlebt, schildert die Thätigkeit des heiligen Bernhard zu gunsten der Juden und schreibt zum Lobe des Heiligen: „Der Herr erweckte gegen den grausamen Belial – den Mönch Rudolf – einen Weisen, Namens Bernhard von Clairvaux, einer Stadt in Frankreich. Dieser beschwichtigte sie und sprach zu ihnen: Ziehet nach Sion, verteidigt das Grab unseres Christus! Doch rührt die Juden nicht an . . ., denn sie sind das Fleisch und die Gebeine des Messias. . . . So sprach der Weise, und seine Stimme war mächtig, denn er war von allen geliebt und geachtet. Sie hörten ihn an, und das Feuer ihres Zornes erlosch, und sie thaten nicht all das Böse, was sie thun wollten. Der Priester Bernhard hatte jedoch weder Silber noch Gold von den Juden erhalten, sein Herz bewog ihn dazu, sie zu lieben, und flößte ihm gute Worte für Israel ein. Ich preise dich, o Gott, denn wir hatten deinen Zorn verdient, und du hast uns geschont und getröstet, indem du diesen Gerechten erwecktest, ohne den niemand von uns am Leben geblieben wäre. Dank sei dem dargebracht, der erwecket und tröstet. Amen.“
Der Geschichtsforscher Damberger meint, daß diese jüdische Chronik erst im sechzehnten Jahrhunderte verfaßt worden sei. Dem sei wie immer, so viel geht aus derselben mit Gewißheit hervor, daß die Erinnerung an die Wirksamkeit des heiligen Bernhard im Judenvolke sich lebendig forterhielt, und diese jüdische Chronik ist immerhin ein schönes Denkmal, welches die Dankbarkeit der Juden dem heiligen Bernhard errichtete. Zugleich wollen wir darauf hinweisen, wie diese jüdische Chronik das Schreiben des ehrwürdigen Petrus von Clugny sehr schön ergänzt. Petrus und Bernhard waren Mitglieder jenes Ordens, in welchem damals der Geist der Kirche Jesu Christi ganz besonders sich offenbarte, und ihr Verfahren gegen die Juden ist darum auch ganz dasselbe, welches die Kirche von Christus und den Aposteln an gegen die Juden eingehalten hat. Der heilige Bernhard zeigt uns, wie die Kirche die Juden gegen ungerechte Angriffe von seiten der Christen verteidigt, und der ehrwürdige Petrus zeigt uns, wie die Kirche die Christen gegen die Ungerechtigkeit der Juden zu schützen sucht.
Wir haben erzählt, wie im Jahre 1255 zu Lincoln in England der Knabe Hugo von den Juden auf grausame Weise abgeschlachtet worden sein sollte, weshalb der Oberrabbiner Joppinus mit noch achtzehn anderen Juden den Tod erleidenn mußte. Damals sollten noch sechzig Juden hingerichtet werden, die jedoch auf die Fürbitte der Dominikaner, also kirchlicher Ordensleute, dem Tode entgingen.
Ein feuriger Kreuzprediger war der Mönch Fulco von Neuilly den man den zweiten Bernhard nannte. Derselbe sprach sich in seinen Predigten sehr scharf gegen den Wuchergeist aus, und dieses mißbrauchten
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)