ihnen zu nehmen, was sie nicht durch Ackerbau oder Kriegsdienst, oder anderen ehrlichen und nützlichen Erwerb, sondern durch Überlistung der Christen und wohlfeilen Ankauf gestohlener Güter an sich gebracht hätten. Wenn die christlichen Streiter, um die Saracenen zu bekämpfen, ihre eigenen Güter nicht schonten, so sollte man auch die durch Verbrechen erworbenen Reichtümer der Juden nicht verschonen. „Wenn der Räuber,“ schreibt der ehrwürdige Abt weiter, „irgendwo eine christliche Kirche erbricht, wenn er frech Leuchter, Krüge, Rauchfässer, selbst das heilige Kreuz oder die geweihten Kelche davon trägt, dann vermeidet er die Christen, sucht aber die Juden auf, und, bei ihnen verdammliche Sicherheit genießend, hat er nicht bloß seine Raubhöhle in ihrer Mitte, sondern verkauft das der heiligen Kirche Gestohlene der Synagoge des Satans. Die Gefäße, die den Leib und das Blut Christi geborgen, liefert er denen aus, die diesen Leib getötet und sein Blut vergossen haben, die damals dem unter den Sterblichen Wandelnden alle Unbill angethan haben, und nun nicht aufhören, den in der Majestät der Gottheit Sitzenden mit ihren Lästerungen zu verfolgen. Auch selbst diese heiligen Gefäße, die sie, wie ehemals die Chaldäer die ihrigen, bewahren, bleiben darum, obgleich sie keine Empfindung haben, doch nicht von der Unbill frei; sie werden, wie ich von glaubwürdigen Männern vernommen, zu einem Gebrauche verwendet, den zu denken schon ein Greuel ist, und eine Lästerung, ihn auszusprechen. Aber noch nicht genug! Damit solch schändlicher Raub und der jüdische Hehler gesichert sein möge, ist ein altes, wahrhaft teuflisches Gesetz von christlichen Fürsten ausgegangen, daß, wenn ein kirchliches Geräte und, was noch schlimmer, ein heiliges Gefäß bei einem Juden gefunden wird, er weder gehalten sein solle, den Kirchenraub zurückzugeben, noch den nichtswürdigen Räuber zu verraten.“
Ein solches, wahrhaft empörendes Privilegium hatten die Juden in der That von geldgierigen Fürsten sich erkauft. Die Fürsten haben aber damals den Juden um Geld noch ganz andere Gefälligkeiten erzeigt. Von dem Könige Wilhelm II. von England erzählte man sich, er habe von jüdischen Vätern Gold genommen, um deren Söhne, die Christen werden wollten, durch Überredungen und Drohungen davon abzuschrecken.
Wir haben bereits mitgeteilt, wie zur Zeit, als man sich zu dem von dem Papste Eugen III. angeregten Kreuzzuge rüstete, eine heftige Judenverfolgung in Frankreich, am Rheine, in Bayern, bis nach Polen hin ausbrach, in welcher Tausende von Juden ihr Leben lassen mußten. Am Rheine war es besonders ein ausgesprungener Mönch, Radulf oder Rudolf mit Namen, welcher das Feuer des Zornes gegen die Juden schürte. Ihm trat der heilige Abt Bernhard von Clairvaux entgegen, welcher als päpstlicher Legat Fürsten und Völker in Frankreich und Deutschland zur Teilnahme am Kreuzzuge aufforderte, und in Mainz den wegen seiner Predigten gegen die Juden bei dem Volke sehr beliebten Mönch vor sich kommen ließ. Er verwies ihm ernstlich, daß er gegen alle Ordenszucht in der Welt umherziehe und auf eigene Autorität hin sich zu predigen erfreche, und brachte ihn endlich dahin, daß er dem Abte und päpstlichen Legaten Bernhard Gehorsam gelobte und in das Kloster Clairvaux zu gehen versprach. Den Verfolgern
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/42&oldid=- (Version vom 31.7.2018)