ein starkes Absatzgebiet. Überhaupt scheinen Kaiser Karl der Große und sein Sohn Ludwig der Fromme oder Schwache den Juden nicht abgeneigt gewesen zu sein. Von Kaiser Karl erzählt die Geschichte, daß er einer Gesandtschaft an den Kalifen Harun al Raschid auch den Juden Isaak beigestellte, der einen Elefanten von dort mitbrachte, und von Kaiser Ludwig wissen wir, daß der eifrige Bischof Agobard von Lyon bei ihm wiederholt, aber wie es scheint, vergeblich gegen Ausschreitungen der Juden klagte, sowie über allzu große Vergünstigungen, die ihnen vom Kaiser eingeräumt worden waren.
Wie man den Juden nachsagte, daß sie christliche Länder durch ihre Verräterei in die Hände der Feinde gespielt hätten, ebenso warf man ihnen auch vor, daß sie christliche Städte dem Feinde durch Verrat überliefert hätten. Die heidnischen Normannen hatten schon lange die Stadt Bordeaux in Frankreich belagert, konnten sie aber nicht einnehmen, bis es ihnen endlich, im Jahre 848, durch Verräterei der Juden, die in Bordeaux wohnten, gelang, in die Stadt einzudringen und dann auch noch weiter in das Land hinein ihre Plünderungszüge fortzusetzen. So sagt man, daß auch die Stadt Barcelona in Spanien von den Mauren leicht erobert werden konnte, im Jahre 850, weil der Verrat der in der Stadt wohnenden Juden den Christenfeinden die Thore der Stadt öffnete. Dieses Gerücht gab dem jungen Könige Alfonso III. von Leon, den die Geschichte wegen seiner Heldenthaten den Großen nennt, die Veranlassung, daß er aus allen Städten, die ihm schon gehörten oder die er noch eroberte, die Juden vertrieb, und nicht duldete, daß sich Juden darin niederließen.
Daß die Befürchtung des ägyptischen Pharao, die Juden in Ägypten möchten es beim Ausbruche eines Krieges mit den Feinden Ägyptens halten, nicht unbegründet war, hat, freilich viel später, im Jahre 968, ein Jude in Ägypten gezeigt. Als in diesem Jahre Kafur, der Beherrscher von Ägypten, gestorben war, und Moëz, ein türkischer Eroberer, Ägypten in seine Gewalt bringen wollte, da war es ein Jude, einer der angesehensten Beamten Kafurs, welcher Moëz die Mittel und Wege angab, daß er sich Ägypten bemächtigen konnte. Dieser Jude besaß eine ausnehmende Geschicklichkeit, Geld zu machen. Er bereicherte nicht bloß den Kalifen Moëz und dessen Nachfolger, sondern auch sich selbst, und nebstdem gelang es ihm, seine Brüder und Vettern in die einträglichsten Posten einzuschieben. Doch der Zorn des Volkes über den Blutegel ward so groß, daß ein Aufstand unter dem zweiten Nachfolger des Moëz, dem Kalifen Aziz, gegen ihn ausbrach, infolgedessen er nebst seiner ganzen Sippschaft verhaftet wurde. Bei seiner Verhaftung wurde in seiner Wohnung ein Schatz von 200,000 Denaren aufgefunden. Doch Aziz konnte wegen seines Geizes den Geldmenschen nicht missen, und auf sein Betreiben mußte die Unschuld des Angeklagten entdeckt werden, so daß er wieder in sein Amt eingesetzt werden konnte, und die Juden sich wieder in den Gnadenstrahlen des Harems sonnen durften. Damit man sich übrigens nicht zu dem Glauben verleiten läßt, als hätten die Juden allein Verräterei getrieben, will ich hier einschalten, daß bei der ersten Eroberung Ägyptens durch Amru, den Feldherrn des Kalifen Omar,
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)