Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band | |
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Physiognomie und ihr Wesen, das dem der Amerikaner so gänzlich ungleich ist. Die Lebhaftigteit der Geberden, die stark accentuirte, melodische Sprache, die Eigenthümlichkeit der Gesichtszüge scheinen auf einen bedeutenderen Volksstamm, als der angelsächsische ist, hinzudeuten, und gleichwohl verhält es sich nicht so, wenigstens nicht in der gegenwärtigen Zeit. Die Spanier, besonders in dieser Hemisphäre sollen in Bezug auf menschliche und wissenschaftliche Bildung weit unter den Amerikanern stehen. Man sagte, ein Theil dieser Spanier entfliehe aus Furcht vor der Untersuchung, welche der mißlungene Raubzug des Generals Lopez gegen Kuba jetzt auf der Insel veranlasse; andere reisten nach New-York, um Aerzte zu befragen, oder dem tropischen Sommer zu entfliehen; ein junges Paar aus vornehmer Familie, nahe Verwandte, fuhr hin, um sich trauen zu lassen, da, wie man sagt, das spanische Gesetz einer Verbindung zwischen nahen Anverwandten Hindernisse in den Weg legt, und das mit Recht, weil ihre Kinder oder Kindeskinder oft blödsinnig oder auf die eine oder andere Art verunglückte Wesen sein sollen. Der junge Bräutigam war recht hübsch, sah aber spanisch hochmüthig und launisch aus. Die Braut und ihre Schwester waren jung und schön, aber etwas zu rund. Ein alter „Conte“ pustete in sichtbarer Brustwassersucht und wurde von einem Neger mit der größten Zärtlichkeit verpflegt. Kleine Kinder fielen mir ganz besonders auf durch ihr lebhaftes Geberdenspiel und Geplauder. Die Meerfahrt war ruhig und im Ganzen angenehm. Ein gefälliger junger Mr. Linton, aus der Stadt der Freunde, sorgte für mich mit ritterlicher Artigkeit. Das Meer sandte uns Schaaren von fliegenden Fischen als Schauspiel auf der Fahrt, und Pelikane mit ungeheuern Schnäbeln schwangen sich, auf Raub lauernd, über die Wogen; ein großer Wallfisch, gleich uns auf der Reise durchs Meer begriffen, ließ
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/21&oldid=- (Version vom 4.8.2020)